Nicht existente Viren und seelische Krankheiten

Die Masern – eine vermeintlich harmlose Kinderkrankheit mit ungeahnten Spätfolgen sind wieder auf dem Vormarsch, mit ihnen flammt auch die Kritik am Impfschutz wieder auf.

Die Masern zählen zu den ansteckendsten Krankheitserregern, mit denen sich ein Mensch infizieren kann. Schon ein Niesen ist ausreichend, damit die Erreger übertragen werden. Doch das müsste nicht sein, die Krankheit könnte, wie beispielsweise die Pocken, längst ausgerottet sein. Symptome wie bestenfalls geschwollene Augen, Ausschlag, Übelkeit, Kopfschmerzen, hohes Fieber könnten verhindert werden, gäbe es da nicht die sogenannten Impfgegner, die Menschen immer wieder einreden, Impfungen würden ihren Kindern enorme Schäden zufügen und nur der Pharmaindustrie von Nutzen sein.

Statt ihr Kind impfen zu lassen, nehmen viele Eltern aufgrund solcher hartnäckigen Gerüchte daher lieber das Risiko einer SSPE Erkrankung (subakute sklerosierende Panenzephalitis) in Kauf, welche sich zunächst durch Gleichgewichtsstörungen äußert und später zum Verlust des Geh- und Sprachvermögens und letztlich zur Auflösung des Gehirns und zum Tod führt. Doch wie kommt es zu so einer irrationalen Einstellung Einzelner? Warum schätzen viele das Impfrisiko höher ein als das Infektionsrisiko?

So zählen Impfungen doch schließlich zu den größten Errungenschaften in der Medizin. Krankheiten wie die Pocken oder die Kinderlähmung konnten ausgelöscht beziehungsweise weitestgehend verdrängt werden.

Trotz dieser Tatsache ist immer wieder die Rede von angeblichen Giftstoffen des Impfstoffes, die der Körper selbst nicht mehr loswird. Dies ist jedoch wissenschaftlich kaum haltbar. Denn die Impfviren werden vom Körper wieder abgebaut, Zusatzstoffe sind lediglich in unbedenklicher Konzentration enthalten. Studien, die diese Vorurteile bestätigen, gibt es zudem nicht.
Also woher stammen nun diese Ängste?

Der Ursprung für all die Sorgen könnte die Studie von Andrew Wakefield aus den 1990er Jahren gewesen sein. Im Jahr 1993 erkrankte ein Junge an Autismus. Die Mutter meinte, dies wurde durch die zuvor getätigte Impfung ausgelöst und begab sie auf die Suche nach einem Arzt, der diese Einschätzung teilte. Sie fand ihn in Andrew Wakefield. Dieser spürte zwölf vergleichbare Fälle von autistischen Kindern auf, die zuvor geimpft worden waren. Er veröffentlichte eine Studie, in der er behauptete, dass die Impfung gegen Masern ein erhöhtes Autismus-Risiko bürge. 1998 wurde die Arbeit in einem angesehenen Magazin („The Lancet“) veröffentlicht, woraufhin in Europa die Impfbereitschaft blitzartig zurückging. Im Jahr 2010, stellte sich erst heraus, dass die Studie eine Fälschung war. Der Artikel wurde zurückgezogen, und Wakefield verlor seine Zulassung. Es wurde klargemacht: Es gibt keinen Zusammenhang zwischen Autismus und Impfung. Der negative Ruf von Impfungen hält sich, obwohl schwerwiegende Impffolgen viel seltener sind als schwer verlaufende Masernerkrankungen, bis heute.

Auch der Impfgegner Hans U. P. Tolzin trägt mit seinen haltlosen Äußerungen nicht gerade dazu bei, die positiven Argumente einer Impfung hervorzuheben. Er hat es sogar geschafft, seine Ansichten im „ARD Morgenmagazin“ und in der Phoenix-Runde zu verbreiten. Laut Tolzin seien Masern keine Viren (denn Viren sind eine Erfindung der Pharmaindustrie), sondern eine Krankheit, die sich aus dem Körper selbst, von innen heraus, entwickle und nicht etwa durch Ansteckung übertragen wird. Er ist Anhänger der „Neuen germanischen Medizin“ welche glaubt, dass alle Krankheiten (z.B. auch Krebs) nur Reaktionen des Körpers auf seelische Konflikte seien. Das Masern-Virus sei ein Konstrukt der Herrschenden, um die Menschen zu unterdrücken und die Medien sind natürlich ein Teil dieser Verschwörung. Indem sie Angst verbreiten und Impfungen verteilen, wollen sie die Menschheit reduzieren. Solche Auffassungen werden dann in Seminaren verbreitet. Die Kritik der etablierten Wissenschaft beirrt diese Leute schon längst nicht mehr. Dass Masern-Impfungen laut WHO zwischen 2000 und 2013 weltweit 15,6 Millionen Todesfälle verhinderten, ist dann wohl auch uninteressant. Im Jahr 2013 starben weltweit jede Stunde 16 Menschen an Masern. Großteils betroffen waren Kinder unter 5 Jahren, litten diese alle unter seelischen Schäden?

Fakt ist: Neun von zehn nicht geimpften Menschen erkranken an Masern, wenn sie mit dem Erreger in Kontakt kommen. Wohingegen die Zahl der ernsthaften Impfschäden minimal ist. Bei der letzten Erhebung kamen die Forscher auf sieben schwerste Komplikationen pro 16 Millionen Impfstoffdosen.1 Zudem könnten Masern ausgerottet werden, wenn sich mindestens 95 Prozent der Bevölkerung impfen ließe.

Wer also weiterhin die guten Argumente, sich bzw. sein Kind impfen zu lassen einfach leugnet, sollte zumindest aufhören, falsche Ansichten zu verbreiten, denn um eine Erkenntnis kommen die Impfgegner dann in der Praxis vielleicht doch nicht herum: Sie brauchen nicht all ihre Kinder impfen lassen, nur die, die sie behalten wollen.

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