„Heimat ist bloß da wo man sich aufhängt“ – Franz Dobler

Am 2.Oktober 2019 veranstalteten die Falken Erfurt und das Biko einen „Kritik der Heimat-Abend“ mit Thomas Ebermann und Thorsten Mense in Erfurt, von dem das Orgateam einige Impressionen zusammengetragen hat.

Heimatwerbung aus Thüringen

Stimmen aus dem Antiheimatabend

„Dass Heimat der Kampfbegriff der Nazis ist, ist den anderen peinlich: Sie wollen ihre Heimat retten, vorm angeblichen Missbrauch schützen, aus dem braunen Sumpf ziehen.“

Thorsten Mense im Vorwort zu Thomas Ebermanns Buch: Linke Heimatliebe – Eine Entwurzelung.

„Heimat ist die falsche Antwort auf die falschen Verhältnisse. Dabei ist die Entfremdung, der Kontrollverlust und die soziale Deintegration, aus dem sich dieses Bedürfnis speist, eine reale Erfahrung. Wer sich aber in die Heimat flüchtet, will die Welt nicht ändern, sondern die Menschen mit den Verhältnissen versöhnen.“

Thorsten Mense

„Bei der Heimatdebatte geht es nicht darum, wie ‚Wir‘ zusammenleben wollen, sondern wer hier leben darf und welchen Sítten und Ritualen er oder sie sich dafür unterwerfen muss. Diese sind nicht verhandelbar, sondern Teil der Heimat, angeblich verwurzelt im Boden, auf dem man sich bewegt: ‚Weil es schon immer so war‘. Jedem Wunsch nach Veränderung, jedem Willen zur Emanzipation, ja schon der kritischen Refelxion an sich wird hiermit eine Absage erteilt. Heimat ist im Kern eine völkische Idee, denn sie verwechselt Menschen mit Bäumen und spricht ihnen einen natürlichen und angestammten Platz in der Welt zu. Aber wer Menschen verwurzelt, entmündigt sie und ordnet sie der Natur und dem Kollektiv unter, macht sie zu SklavInnen der Gerüche und Geschmäcker ihrer Kindheit.“

Thorsten Mense

„Für Heimat gilt eigentlich nur eine Regel, ein Gesetz, ein Satz: Das macht man hier so. Ob das die Lederhose oder das Dirndl in Bayern ist, oder was anderes sonstwo, das Berliner Gequatsche oder weiß der Teufel, kann man Heimat nennen. Aber das schließt ein, wenn wir ein bisschen Sprünge machen, in den Südamerikanischen Staaten bis 1963, da gehörte zur Heimat, dass man Schwarze aufhängt. Heimat ist Lynchjustiz. Das macht man hier so. Heimat ist prinzipiell Erlaubnis zum Mord. Hier gehören welch nicht hin. Und wenn hier welche nicht hingehören, heißt das, die sollen weg.“

Klaus Theweleit auf der Konferenz „Heimatphantasien“, die im August 2018 in Haburg stattfand.

„Das Menschwerden besteht doch gerade darin, dass man nicht Teil der Gesellschaft werden will, die um einen herum ist, weil die meisten von denen mörderisch sind, oder potentiell mörderisch sind. Es kommt doch auf die Differenz an. Mensch wird man doch, indem man anders wird. Es geht um die Differenz und nicht um Heimat. Zum Teufel mit diesem Wort.“

Klaus Theweleit

Dieser Beitrag wurde in Bericht, Erfurt, Kritik, Kultur veröffentlicht und getaggt , , , , . Ein Lesezeichen auf das Permalink. setzen. Sowohl Kommentare als auch Trackbacks sind geschlossen.