von der (ehemaligen) AJZ-Café-Crew
Nachdem uns Ende Oktober und nach langen Auseinandersetzungen die Räumlichkeiten durch das AJZ-Erfurt entzogen wurden, waren wir gezwungen den Schluss des Projekts AJZ-Café zu verkünden. Hiermit soll nun eine Stellungnahme der Menschen erfolgen, welche sich in den letzten Monaten um das Fortbestehen des Cafés bemühten.
Das AJZ-Café, das seit Oktober 2012 im Obergeschoss des AJZ-Erfurt zu finden war, wurde von uns drei Jahre nach der Räumung des besetzen Hauses gegründet, um abseits der normativen Alltagsgesellschaft die Möglichkeit alternativer Freizeitgestaltung zu ermöglichen. Wir wollten dort einen Raum schaffen, in dem eine kritische Auseinandersetzung mit den gesellschaftlichen Hierarchisierungen wie Sexismus, Rassismus, Antiziganismus, Homophobie und Antisemitismus möglich werden sollte.
Mit dem AJZ-Café sollte demnach ein Veranstaltungsort für Partys und Konzerte in Erfurt etabliert werden, neben anderen emanzipatorischen Projekten wie z.B. dem Veto und der L50. Nicht immer gelang es, diesen Ansprüchen wirklich gerecht zu werden.
Nachdem das Café zu Beginn durch circa 20 Aktivist*innen getragen und organisiert wurde, haben sich zuletzt nur wenige Menschen gefunden, die sich nach der anfänglichen Euphorie, auch weiterhin diesem Projekt widmen wollten. Unter anderem deshalb konnten die benannten Ziele nicht realisiert werden. Mangelnde Absprachen untereinander, sowie gegenüber dem AJZ und die daraus resultierenden Konflikte, belasteten die Situation weiter und führten im Verlauf zu tiefen Zerwürfnissen. Die begrenzte Zahl an Mitwirkenden führte letztendlich auch dazu, dass das Aufräumen nach den Konzerten verspätet oder teils gar nicht erledigt wurde.
Der Ausschluss eines Mitglieds aus dem Café-Kollektiv war darüber hinaus ein Punkt, welcher dem Café zu Unrecht vorgeworfen wurde. Daraus erwuchs die Kritik, dass das Projekt keinen wirklichen Freiraum bieten würde. Denn ein Freiraum definiere sich – im Verständnis des AJZ-Anhangs – durch die Toleranz gegenüber jeglichem seelisch und/ oder körperlich verletzenden Verhalten. Dies entspricht jedoch mit Nichten unserem Selbstverständnis und unserer Definition eines Freiraumes. Wir sind keine Sozialarbeiter*innen und wollten diese Position auch niemals einnehmen, weshalb die Balance zwischen Dialog und Rausschmiss nicht immer gewahrt wurde. Doch war Eines in jeder Konfliktsituation klar: Opferschutz ist höher zu gewichten als eine Diskussion mit unreflektierten Mackern.
Deshalb stehen wir auch jetzt noch zu den Entscheidungen, zu denen wir genötigt wurden. Konsequenzen, welche durch das AJZ als „inflationäre Hausverbotspolitik“ diffamiert wurden, ermöglichen im Umkehrschluss vielen Menschen einen Freiraum abseits von den widerlichen „Ismen“, die allzu häufig mehrheitlich von Besuchern, aber auch Besucherinnen des AJZ gelebt werden. Sobald Machos und andere Arschlöcher durch einschüchterndes Verhalten Menschen ausgrenzen und ihnen gegenüber eine Drohkulisse aufbauen, gilt es, diesem Zustand entschlossen entgegenzutreten.
Die permanenten Auseinandersetzungen zur Wahrung unseres Selbstverständnisses, welche stellenweise in unerträglichen Situationen gipfelten, erschwerten alles noch zusätzlich.
Zu verkennen ist jedoch nicht, dass das AJZ von Beginn an eine Hierarchisierungspolitik forcierte; unter anderem wurde dies in mehreren Gesprächen deutlich, in denen die festangestellten Mitarbeiter unmissverständlich zu verstehen gaben, dass das Café dem AJZ unterstellt ist. Dadurch konnten von der Leitung des AJZ’s beispielsweise Bierpreise festgelegt werden, an welche sich beim Ausschank im Café gehalten werden musste. Ein Kasten Sternburg kostete für uns und Euch damit 24€ statt etwa 12€ im Einkaufspreis.
Aus dieser Situation ergab sich die Unmöglichkeit, sowohl für Bandverpflegung aufzukommen, als auch die eigenen Fixkosten durch den Verkauf von Getränken zu begleichen. Bei Konzerten mit wenig Gästen wurde mehr als einmal aus eigenen Taschen draufgezahlt. Zugegebenermaßen war von Anbeginn das Einverständnis mit diesen Konditionen nicht hinreichend reflektiert: zweifelsohne haben wir damit das uns eigentümliche Produktionsmittel (das Bier) aus den Händen gegeben.
Letztendlich müssen wir uns eingestehen, Fehler gemacht zu haben: Dies beginnt mit der unreflektierten euphorischen Zustimmung zu Organisationsbedingungen, die jeder vernünftige Mensch hätte ablehnen müssen, und geht weiter mit der falschen Annahme, es wäre möglich umgeben von autoritären Mackern einen Freiraum zu schaffen. Deshalb ist in aller Deutlichkeit festzustellen, dass viele Besucher, Besucherinnen und der Vorstand des AJZs einen Rahmen schaffen und aufrechterhalten, der den Namen „alternativ“ nicht verdient.
Freiräume, die einen emanzipatorischen Anspruch vertreten wollen, welche Möglichkeiten der Freizeitgestaltung abseits von den üblichen Zuständen – also einen Raum zum Luftholen – bieten möchten, müssen in Zukunft unbedingt sorgfältiger ausgewählt und organisiert werden. Auch wenn der Verlust des besetzten Hauses sicher schwer wiegt, müssen zur Einrichtung eines Ortes der kritischen Reflexion die Umstände so genau wie möglich geprüft und abgewogen werden. Das AJZ-Erfurt bietet diese Umstände unserer Ansicht nach nicht! „Unpolitische Punks“, die grölend erdrückende Strukturen bejammern, welche sie selbst reproduzieren, können niemals eine Umgebung bieten, in der sich emanzipatorische Kritik entfalten kann.
Abschließend gilt es festzustellen, dass eine bürgerliche Institution, wie sie das AJZ-Erfurt ist, kein Ort zum Relaxen sein kann. Wir benötigen deshalb (immer noch) ein autonomes Zentrum und das nicht nur in Erfurt!
Wir danken an dieser Stelle nochmals ausdrücklich allen Unterstützer*innen und Freund*innen, den Bands die bei uns aufgetreten sind und allen, die sich uns gegenüber während der ganzen Zeit solidarisch verhalten haben.
Was wir fordern ist nicht viel – Selbstverwaltung bleibt das Ziel!