Die Aluhut–Chroniken I

Nachdem sich jüngst auch wieder in Thüringen Verschwörungstheorien steigender Popularität erfreuen, präsentieren wir euch in der Lirabelle nun eine neue Rubrik: die Aluhut-Chroniken. Hier wollen wir euch alle drei Monate einen neuen Versuch vorstellen, wie Verschwörungstheoretiker die Welt erklären. Diese Woche wenden wir uns den Reptiloiden zu.

Was haben die englische Königin, der verstorbene Entertainer Bob Hope, Kanzlerin Merkel und Georg W. Bush gemeinsam? Nun, ganz einfach. Laut David Icke sind/waren sie alle „reptiloide Formwandler“. Davon ist der ehemalige Fußballer und kurzzeitigen Pressesprecher der englischen Grünen überzeugt. Mit dieser Theorie tingelt er seit einigen Jahren um die Welt und spricht ein immer breiteres Publikum an.
Doch ein drei Meter großes Echsenalien passt natürlich nicht so einfach in einen kleinen menschlichen Körper. Damit die reptiloiden Formwandler weiterhin menschlich aussehen, müssen sie regelmäßig menschliches Fleisch essen und menschliches Blut trinken. Gut, bei den bekennenden Christen Merkel, Bush und der englischen Königin ist das (metaphorischer) Kannibalismus durchaus Teil des religiösen Glaubens und des liturgischen Ritus, aber beim bekennenden Atheist Bob Hope ist das nun wirklich schwer vorstellbar.
David Icke glaubt – nein, falsch – er weiß, dass die wichtigen Menschen auf diesem Planeten eigentlich Aliens sind, die wie übergroße Reptilien aussehen. Diese regieren die Menschen und haben einen fiesen Welteroberungsplan. Wie genau der aussieht, ist auch David Icke nicht so ganz klar, aber er hat natürlich Zeugen und Quellen. O.k. Jetzt könnte man sagen: Was soll der Blödsinn, warum sollten mich die spinnerten Prophezeiungen eines Buchautoren interessieren, der vielleicht einmal zu viel an einem giftigen Frosch geleckt hat? Nun es wird dann spannend, wenn inzwischen sogar der Neuseeländische Premierminister – ernsthaft! – erklären muss: „I`m not a reptile“.So geschehen Ende 2013 in Auckland, Neuseeland. Dort hatte ein Einwohner mit Hilfe des Official Information Act (einer Art Bürgerauskunft) die Antwort des Premiers erzwungen.
Aber auch das ist im Entertainmentzirkus der momentanen Politik kaum noch eine Schlagzeile wert. Schließlich kopieren die Politikclowns der Berliner Piratenpartei ihre kanadischen Kolleg_innen und fragten die Berliner Verwaltung – ernsthaft! – ob und wie Berlin auf eine Zombieapokalypse vorbereitet ist.
Nein, wirklich gruselig wird David Icke erst dann, wenn der Rest seiner Weltsicht unter die Lupe genommen wird. Und da gibt es dann einen bunten Strauß alter und neuer Verschwörungsideologien zu bewundern. Zentraler Bestandteil: die wirtschaftliche und psychologische Manipulation der Weltbevölkerung durch Politik und Wirtschaft, beispielsweise durch die Familie Rothschild. David Icke bestreitet – natürlich – dass diese Aussagen antisemitisch sein und begründet es mit der ihm eigenen Logik: Die Familie Rothschild hat das Leben tausender Juden auf dem Gewissen, während sie an den Kriegen Geld verdienten. Diese Aussagen seien aber nicht antisemitisch, da die Rothschilds keine Juden sondern Echsenaliens sind. Die Kritik an ihnen ist also nicht antisemitisch! Fall geschlossen.

In der nächsten Ausgabe: Das Königreich NeuDeutschland

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