Elvira Sanolas darüber, dass Frauen häufig Teil des Problems sind, wenn es gegen Macker geht.
Jede aufgeweckte Frau kennt das Problem. Immer wieder kommt es zu Situationen, wo einer angesichts bestimmter männlicher Verhaltensweisen mal die Hutschnur platzt. Sei es das Bedrängen und Anfassen, das penetrante Verbessern, das ungefragte Erklären. So einige Würstchen haben es offensichtlich und regelmäßig verdammt nötig, sich ständig auf Kosten ihres weiblichen Gegenübers eine Portion Selbstbewusstsein zu verabreichen. Irgendwann kann frau einfach nicht mehr – und „rastet aus“. Heißt: Merkt eigentlich nur etwas bestimmter an, dass es langsam zu viel wird.
Häufig frage ich mich, wieso Frauen das eigentlich nicht viel öfter tun, wieso auch ich nicht häufiger durchgreife. Stattdessen lasse ich Unliebsames geschehen und ärgere mich hinterher darüber, nichts getan zu haben und so manchen Trottel habe unbedarft weitermachen lassen. Damit bin ich nicht alleine, meinen Freundinnen und Genossinnen geht es ebenso.
Dabei wäre das Problem nur halb so groß, wenn Frauen solidarisch miteinander wären. Denn tatsächlich bekommt man in den seltenen Fällen, in denen man doch einmal deutlich sein Unbehagen verbalisiert, es mit „Der-Freundin-von“ zu tun. „Die-Freundin-von“ meint es gut, will die Wogen glätten und schlichten. Sie mag die schlechte Stimmung nicht. Vor allem aber tut ihr ihr Freund oder Bekannter leid, der angesichts der direkten Ansage (aber er ist doch Feminist!!) verdattert bis völlig zerstört ist. Schuld an dem Szenario ist natürlich: die Frau, hat sie doch die aggressive Aufladung der Situation zu verantworten.
Egal, wie kacke sich der Typ benommen hat – „die-Freundin-von“ hat immer Verständnis. „Er meinte es nicht so, ich kenne ihn,“ und: „Der ist eigentlich voll nett!“ Lieber sollte sich die Frau in gewaltloser Kommunikation schulen, „mal nachfragen“ statt was zu sagen. Und sowieso war alles ganz anders: „Ich kann mir das nicht vorstellen, dass er das gemacht/gesagt hat.“ Der Typ, dem es (pädagogisch betrachtet) eigentlich mal ganz gutgetan hätte, seine Grenzen aufgezeigt zu bekommen, kann dann dabei zuschauen, wie der Grund unter dem Boden seiner Kritikerin nachgibt. Die Stimmung kippt, plötzlich steht sie alleine da. Der Typ muss währenddessen meist überhaupt nichts mehr sagen und nur dasitzen und traurig gucken, sein Kampf wird schließlich ohne ihn ausgefochten. Diese Haltung erhöht außerdem den Opferstatus, von dem er zehrt.
Zusammengefasst heißt die bittere Wahrheit: Andere Frauen sind einer der Gründe, wieso man sich nicht wehrt, wieso so wenige Frauen sich verteidigen. Das klingt zunächst paradox, ist aber so. Die eigene, weibliche Aggression ist derart tabuisiert (nichts, was nicht mit einem Lächeln präsentiert wird, darf den Frauenmund verlassen), dass man lieber diejenige zum Schweigen bringt, die sie äußert, als sie in actu zu erleben.
Dazu kommt aber etwas Weiteres. Ich glaube, die „Freundinnen-von“ fühlen sich in solchen Situationen – endlich – mächtig, endlich sprachfähig. Sie können für ihren Freund einspringen, die Lage klären, für ihn aggressiv sein (denn nichts anderes sind sie), ihn beschützen. Sie können endlich mal die Situation umdrehen und den Macker spielen. Dass sie damit Macker schützen, ist ihnen nicht bewusst. Besonders pervers ist die Situation dann, wenn „die-Freundin-von“ auch noch Feministin ist.
Die Kritikerin hat es damit doppelt schwer, es drohen Anerkennungsverlust und Ausschluss, zusätzlich zur anstrengenden Auseinandersetzung mit dem eigentlichen Problem, dem Sexisten. Daher, liebe Geschlechtsgenossinnen, eine Bitte: Wenn ihr nichts gegen euren Freund oder Bekannten sagen möchtet, aus welchem Grund auch immer, lasst es bleiben. Aber lehnt euch doch wenigstens zurück und lasst ihn selbst den Konflikt ausbaden, anstatt euch an der Frau abzuarbeiten, die sich wehrt.