Das Lieblingsfreizeitthema von Beta ist Sexualität und alles was dazu gehört. Bei ihren Dates mit Männern außerhalb ihres Klüngels macht sie so allerlei verwirrende Erfahrungen. In der Lirabelle schreibt sie in loser folge aus feministischer Perspektive über ihr Erlebnisse.
Aus Langeweile sage ich ihm zu. Ich erinner‘ mich, dass der Sex vor einem Jahr nicht überragend war, etwas mechanisch. Und ich dachte mir damals, dass ich es mir so auch selbst machen kann. Aber er mag Raumschiff Enterprise und kennt sich damit aus. Großer Pluspunkt. Da hat man immer ein Gesprächsthema und ich kann ihn darüber ausfragen. Da ich zu neugierig und zu schlecht im Verzichten bin, verabrede ich mich mit ihm. Kurz vor dem Treffen schreibt er, dass es ja so warm sei und er deswegen nichts anhabe und ob mich das störe, wenn er mir nackt die Tür aufmache. Mir fällt ein, dass er mir die gleiche Frage schon letztes Jahr gestellt hat und ich damals schon überfordert war. Ich konnte noch nicht einschätzen, ob ich gleich an der Türschwelle geil bin und über ihn herfallen kann, nur weil er mir nackt die Tür aufmacht. Wie damals sende ich ein Smily zurück – ich will ja nicht prüde wirken – und antworte, wie damals auch schon, dass er sich lieber was anziehen soll.
Ich klingle, er ist angezogen und lässt mich ohne jegliche Anzüglichkeiten in seine Wohnung. Erst groß per Nachricht ankündigen und dann null Annäherungen? Poser! Die Möbel seiner Exfreundin machen die Wohnung viel gemütlicher als vorher. Wir trinken ein Bier und quatschen wirklich nett. Sein Job ist ganz anders als meiner. Die Fahrtkostenabrechnungen laufen anders ab. Er arbeitet in einem „Eigentümer geführten Betrieb“. Das sei immer gut. Ich nehme die Vokabel in meinen Wortschatz auf. Spannend. Wir schauen eine Folge TNG, Staffel 5. Die Folge, bei der die ganze Besatzung ihre Erinnerungen und ihre Persönlichkeit vergisst und Worf peinlicherweise davon ausgeht, er sei der Captain, weil er besonders hoch dekoriert sei (ihr erinnert euch an seine metallene Schärpe). Picard bleibt gechillt. Als klar wird, dass Picard der Captain ist, kommandiert er, ein Schiff mit einer 53-köpfigen Besatzung ohne vorherige Kontaktaufnahme abzuschießen. Das ist ein herber Schlag. Unerwartet. Die Folge ist großartig. Ich bin begeistert. Ich erkläre meinem Date die Zusammenhänge zu anderen Folgen. Anscheinend weiß ich doch mehr über TNG als er.
Zurück zum Thema. Nach der Folge quatschen wir noch ein bisschen. Er erzählt, dass er letztes Jahr 15 Tickets zum Sonderpreis für eine FKK-Thermenlandschaft gekauft hat und fragt, ob ich da mal mitkommen möchte. Da er nicht mehr mit seiner Freundin zusammen ist, weiß er nicht, mit wem er sonst gehen soll. Ich stehe total auf Thermen und Saunieren und bin nicht abgeneigt. Er mache unglaublich gern FKK und läuft gern nackt in seiner Wohnung rum. Plötzlich verstehe ich, dass die zwei Anfragen, ob er mir nackt die Tür öffnen darf, tatsächlich gar nicht anzüglich gemeint waren. Er lacht über meine Erkenntnis. Er sagt, dass er ganz schön durch und müde ist. Ich frage: „Soll ich lieber nach Hause gehen?“, „Nein nein wir können ja ins Bett gehen“. Ich habe weder Zahnbürste noch Schlafzeug mit und lege mich einfach nur mit meinem T-Shirt ins Bett. Wir haben Sex. Ich mache es mir wie immer selbst. Es ist ganz ok. Ich würde gern wissen, wie er den Sex fand.
Zwei Tage später habe ich total Lust auf Entspannung in einer FKK-Thermenlandschaft. Ich überlege hin und her, ob es doof ist, ihn zu fragen, ob wir da hin fahren wollen, ohne zu wissen, ob ich weiter mit ihm Sex haben möchte. Muss ich für das Ticket mit Sex bezahlen? Und wenn ich keine Lust auf Sex habe, wecke ich dann falsche Erwartungen und bin total fies? Da ich neugierig, schlecht im Verzichten und gut im Nein-Sagen bin, wenn ich keine Lust auf Sex habe, schreibe ich ihm. Ist gebongt. Er schreibt, dass er mich mit seinem Auto abholen wird. Am nächsten Tag stehe ich vor meinem Haus und halte Ausschau nach einem großen grauen gepflegten VW-Kombi – so stelle ich mit sein Auto vor – und übersehe ihn fast, also er mit einer rostigen Karre einer unbekannten Marke vorfährt. Das Auto ist auch von innen dreckig. Pluspunkt für ihn.
Der Tag in der Therme verläuft wunderbar und ohne jegliche Anzüglichkeiten. Ich hatte da keine Lust drauf und er anscheinend auch null. Wir haben uns angeregt über Politik und unsere Hobbys unterhalten und uns dabei in den Solebecken entspannt. Es war schön beieinander zu sein. So als würde eine Freundschaft beginnen.
Am Ende des Tages war ich stolz auf mich, dass ich nach der „Nackt-die-Tür-öffnen“-Nachricht nicht ausgestiegen bin und meinem Urvertrauen folgend trotzdem mit ihm in die Therme gefahren bin. Es zeigt sich doch immer wieder, dass es gut ist, offen zu bleiben und Situationen nicht vorzuverurteilen. Er wollte weder auf der Türschwelle Sex haben, noch mich mit Thermen-Tickets in eine sexuelle Abhängigkeit bringen. Ich hab Lust mich mit ihm anzufreunden. Ohne Sex.