Mit dem Internet hat sich die Verfügbarkeit von Informationen radikal gewandelt. Noch Anfang der 1990er-Jahre war es mit nicht unbeträchtlichem Aufwand verbunden, sich abseits des Mainstreams zu informieren und noch schwerer, wahrgenommen zu werden. Infoläden und linke Zeitschriften waren ein Weg damit umzugehen und im hochverbindlichen Diskursuniversum zwischen Spiegel, Tagesschau und BILD Gegeninformationen zu platzieren. Heute ist das anders: Mit sehr wenig Aufwand steht es allen offen, online zu publizieren. Mit wenigen Skills gelingt eine ansprechende Webseite, mit etwas Geld kann man dafür sorgen, dass sie in den Suchmaschinenrankings und bei Facebook beworben wird. Was dazu führt, dass man im unendlichen Netz der Blödheit für jede noch so abseitige Meinung eine Bestätigung findet: Salzstangen verursachen Herzinfarkte? Handys machen Krebs? Milch verschleimt die Gefäße? Ein Klick reicht, das zu bestätigen. Gleich neben dem digitalen Meinungsverstärker findet man das Gegenmittel, Spirulina-Algen gegen Verschleimung, effektive Mikroorganismen gegen Krebs, energetische Tischsets gegen Herzinfarkte. Geht‘s um Konsumentscheidungen, mag das harmlos sein. Aber wer Wundermittelchen verkauft, ist auch anderem Zauber nicht unaufgeschlossen. So finden sich Chemtrails, HIV-Leugnung und jüdische Weltverschwörung oft nur einen weiteren Klick von Ernährungstipps entfernt. Und das Internet merkt sich, was geklickt wurde. Die personalisierten Suchverfahren der großen Anbieter liefern das, was gelesen wird, konkret gesagt: Wer nicht anonym surft, erhält nach und nach nur noch Meinungsverstärker als Suchergebnisse. So entsteht unter dem digitalen Aluhut eine persönliche Echokammer. Der digitale Aluhut krönt nicht nur verschwörungsaffine Wirrköpfe. Er sorgt auch dafür, dass Linke denken, ihr eigener Blog stünde rein zufällig bei Google ganz oben. Unter dem digitalen Aluhut durchzulunsen, ist nicht ganz einfach, weil auch halbwegs seriöse Informationsanbieter*innen wie die Tagesschau, Wikipedia oder der wissenschaftliche Diskurs daran arbeiten, ihre eigenen Echokammern zu schaffen. Am Ende hilft neben anonymen Surfen wahrscheinlich nur Medienkompetenz – die Fähigkeit, Informationen einzuordnen und zu vergleichen, wer aus welcher Sprechposition heraus was behauptet. Das ist natürlich bei 10.000 Informationsanbieter*innen viel schwieriger, als bei fünf. Trotzdem gilt: Wer bei Google nach Beweisen für die eigene Meinung sucht, drei passende Ergebnisse auf der ersten Ergebnisseite findet und dann im Brustton der Überzeugung sagt: „Stand doch im Internet!“, zeigt damit stolz den virtuellen, aus den Winden von Cloud und Web 2.0 gefalteten, digitalen Aluhut.
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