Leserbriefe

Das Redaktionskollektiv freut sich über die zunehmende Tendenz der eingehenden Leserbriefe – aber auch Pöbeleien und Gezeter beim Bier am Abend oder Mittag stoßen weiterhin mal auf offene, mal geschlossene Ohren. Wir sind ansprechbar – manchmal.

Tim G. merkt zum Artikel über Freie Energie in der Lirabelle #5 an …
[…] Natürlich habt ihr vollkommen recht, was eure Bedenken gegenüber der „freien Energie“-Szene, mit all ihrem naiv-irrationalen Wunschglauben, ihren esoterischen Auswüchsen und damit auch Bezügen zu rechten Verschwörungsgeschwurbel betrifft. […] Aber: einmal angenommen, da wäre nun wirklich Jemand, der einen Reaktor entwickelt hätte, der „freie Energie“ produziert (im ganz wörtlichen Sinne zu verstehen, Energie fast zum Nulltarif, d.h. fast ohne Ressourcenverbrauch und Umweltverschmutzung) sich aber nicht gerade um wissenschaftliche Standards schert und auch sonst recht eigenwillig und wenig vertrauenserweckend auftritt – richtig, kein „vernünftiger“ Mensch würde ihm Glauben schenken, wohl aber würde die „freien Energie“-Szene ihn als ihren neuen Messias feiern – genauso wie viele Scharlatane vor ihm. Mit dem Unterschied, dass dieser Eine eben kein Scharlatan ist. Unwahrscheinlich? Sicher! Aber eben nicht unmöglich. In der frühneuzeitlichen Philosophie galten schwarze Schwäne als klassisches Beispiel einer unmöglichen Entität. Dann entdeckte man Australien und da waren sie auf einmal, genauso konform mit sämtlichen Naturgesetzen. […] Hättet ihr für euren Artikel etwas besser recherchiert, hättet ihr durchaus in Erfahrung bringen können, dass es sich [bei einem der besprochenen Verfahren, die Redaktion] keineswegs um ein behauptetes Perpetuum Mobile handelt, noch um ein gänzlich neues physikalisches Phänomen. Auch gab es schwarze Schwäne bereits vor ihrer Entdeckung durch die Westliche Welt, aber es wussten eben nur einige Aborigines darum. Versteht bitte, in diesem Sinne, diese Email als die Flaschenpost eines Aborigines, unmittelbar bevor die Schiffsflotten den Kontinent erreichen.

    Autor Martin Weise antwortet…

    Ganz abstrakt gesprochen ist vieles möglich. Aber ist es auch plausibel? Warten wir einfach mal ab, bis die Energie ohne Ressourcenverbrauch und Umweltverschmutzung ins Haus kommt.

„Betroffene Hunde bellen“ – die Antifaschistische Aktion Gotha zum Artikel über Freie Energie (Lirabelle #5) sowie zum Bericht über das Hausfest des Juwels (Lirabelle #6)

Hallo liebe Lirabelle-Redaktion,

erstmal wollen wir uns bei euch für dieses Projekt bedanken, welches wir sehr schätzen. Jedoch und so ist es leider meistens, schreiben wir nicht, um euch einen lyrischen Kuchen zu backen, sondern um Dinge richtig zu stellen. Aus bisher ungeklärten Gründen fallen ständig Situationen und Texte auf uns zurück, für die wir entweder nichts können oder die betreffenden Personen nicht einmal kennen. Alles, was wir so machen, könnt ihr auf unserer Internetseite aagth.afaction.info nachlesen, was da nicht draufsteht, hat mit uns auch nix am Hut. Auf zwei solche Beispiele möchten wir eingehen, gerade weil sie in der Lirabelle als Text erschienen.

Mit seinem Artikel ,Mit Freier Energie‘ zum Mond und zurück“ (Lirabelle #5) argumentiert Martin Weise vollkommen richtig. Der Text, der in der Zündstoff #2 im Jahr 2013 erschien, sollte mehr als kritisch betrachtet und hinterfragt werden. Und genau das tut der Text von Martin Weise. Er entmystifiziert die Freie Energie und legt damit offen, dass die ganze Sache ganz großer Humbug ist. Was jedoch falsch ist, und das ist tatsächlich auch bei genauerer Recherche gar nicht so einfach rauszubekommen, ist die Tatsache, dass es sich bei der Zündstoff #2, um ein “Gothaer Anarchistenblatt” handelt. Die Zündstoff ist ein Projekt, an dem sich verschiedene Schreiberlinge aus verschiedenen Städten, verschiedenen politischen Schwerpunkten und verschiedenen politischen Zusammenhängen beteiligen. Wo das Interesse liegt, explizit die Gothaer politische Szene anzugreifen, kann nur gemutmaßt werden.

In der aktuellen Ausgabe der Lirabelle (#6) erschien mit dem Bericht, „There is something in the Rain“, über das Hausfest im Ju.w.e.L e.V. Gotha, ein kurzer Erlebnisabstrich zum Tag. Der Bericht wurde geschrieben von Mitgliedern des lokalpatriotisch klingenden Blogs Thüringenpunk, welcher tatsächlich absolut nichts mit derartigen Abartigkeiten zu tun hat, wohl eher ein Abklatsch der Szeneblätter “Sachsenpunk”, “Hamburgpunk” usw. ist. Nichtsdestotrotz konnten sich eben auch jene Schreiberlinge nicht davon abhalten lassen, einen kleinen Seitenhieb, dieses Mal spezifisch auf die AAGTH (Antifaschistische Aktion Gotha), zu erteilen. Völlig richtig wird zuerst festgestellt, dass das Verkaufen von Fleischprodukten in solchen Zusammenhängen fraglich ist und auch rege diskutiert wurde. Wenn es allerdings keine fleischhaltige Alternative (vielleicht waren es ja auch nur sehr gute Tofu-Imitate?) gegeben hätte, dann hätte es wahrscheinlich einen Seitenhieb der anderen Art gegeben: die Vegan-Anarchos aus Gotha wollen ihren Lifestyle den Leuten aufzwingen.

Hausprojekte sind widersprüchliche Orte. Diese Erkenntnis darf natürlich nicht dazu verleiten sich zurückzulehnen. Aber gesellschaftliche Missstände durch Verbote und eine Moralpolizei zu bekämpfen, ist dann doch nicht unser Stil. Möglicherweise kann man mit dieser Widersprüchlichkeit besser umgehen, als das in Gotha der Fall ist. Hätte es keine Bratwurst gegeben, wäre die Welt heute keine bessere. Trotz allem ist fraglich, inwiefern und vor allem warum es dann jedoch notwendig ist, eine Fußnote darüber zu hinterlassen, in der angemerkt wird, dass es “Zelte, Würste und Bier” sind, die an ein “deutsches Bierfest” erinnern – wo doch die “AAGTH ‘Deutsche Zustände angreifen!’” will – ist nicht wirklich zu verstehen. Zum Einen war es eben kein “Fest” der lokalen Antifa, sondern des Ju.w.e.l. und somit hatte diese auch eher beschränkten Einfluss. Zum Anderen deutet der Hinweis, dass es eben jene Eigenschaften sind, die ein “deutsches Bierfest” ausmachen, eher auf pubertäres Kleinstadtgemacker hin, als auf berechtigte Einwände. Natürlich verstehen wir, dass einzelne es wesentlich schöner finden, wenn die Leute den ganzen Tag im Regen stehen und im Matsch sitzen, jedoch hätten wir diese Leute eher aus einer anderen politischen Ecke vermutet als bei euch.1 Aber wenn es euch gelüstet coole, individuelle Sitzgelegenheiten und hippe Sonnensegel zu benutzen, könnt ihr bestimmt nächstes Jahr die komplette Woche vor dem Hausfest welche bauen. Die Leute vom Ju.w.e.l. würden sich bestimmt über Unterstützung freuen. Und, dass ihr kein Bier im Zusammenhang mit Sitzgelegenheiten wollt, könnt ihr ja mal den Punks erklären. Von diesen Merkmalen aber auf Deutschtümelei schließen zu wollen, wirkt jedoch eher hilflos als fundiert.

Woher nun dieser unerquickliche Wunsch kommt, explizit politische Gruppen aus Gotha aufgrund, erstens schlechter Recherche, zweitens ohne sie mal angeschrieben zu haben2, an den Karren fahren zu wollen, können wir uns weiterhin nicht so richtig erklären. Vielleicht wäre ein Akt der Solidarisierung und Unterstützung mit den lokalen Strukturen angebrachter als pseudointellektuelles Gedisse, weil es in der Uni zu langweilig geworden ist. Ersatzweise könnt ihr eure Energie auch darin investieren, vor der eigenen Haustür zu kehren oder mit fundierter Kritik zu punkten. Achso, in Erfurt lief auch mal mehr!3

Eure AAGTH
____
1
Dabei fordert Thüngenpunk auf ihren aktuellen Aufklebern eine antifaschistische Subkultur (Achtung: Ironie!)
2
aagth@riseup.net PGP-Schlüssel findet ihr auf der Internetseite
3
Wir gehen automatisch davon aus das ihr alle aus Erfurt kommt. Warum? Nur so!

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