Mit einer Geschichte von Püppi setzen wir die lose Folge von Absurditäten aus dem Arbeitsleben fort. Hast du auch absurde Geschichten auf Arbeit erlebt? Schreib an die Lirabelle.
Wenn man schon gezwungen ist sich im Arbeitsleben aufzuhalten, macht es für manche die Sache vielleicht ein wenig erträglicher, wenn der oder die Arbeitgeber*in einigermaßen korrekt mit einem umgeht. Das ist bei unserem Chef (von uns liebevoll nur noch „Der Alte“ genannt) nicht der Fall.
Ich arbeite in einer Metallverarbeitungs Firma als Werkzeugmacher. Unser Chef war zu DDR Zeiten selbst noch als Werkzeugmacher tätig und hat sich irgendwann in den 90ern selbstständig gemacht. Viele Leute aus seiner alten Firma hat er abgeworben, damit sie bei ihm in einem angenehmen und familiären Umfeld weiter arbeiten können. Naja.
Von den „alten Leuten“ von früher (ca. 25 Arbeiter) sind mittlerweile nur noch zwei geblieben. Alle anderen haben über kurz oder lang das Weite gesucht. Bis auf zwei Personen, die in Rente gegangen sind, habe alle gekündigt, weil sie es unzumutbar fanden, mit ihm als Chef zu arbeiten. Denn nachdem der Chef irgendwann seine ersten großen Summen auf sein Konto packen und seinen Lebensstandard ordentlich nach oben schrauben konnte, hat sich bei ihm der typische Kapitalistengedanke ins Hirn geschlichen: „Ich biete euch Arbeit für knapp über dem Mindestlohn, aber dafür sagt ihr auch brav Danke“. Leute, die sich nicht so widerspruchslos ausbeuten lassen wollten, wie er es gerne hätte oder leider krank geworden sind und für ihn im Moment nichts erwirtschaften konnten, hat er, teilweise auch aufs übelste, seinen Unmut spüren lassen.
Einer der krassesten Fälle, der mit einfällt, betrifft unseren ehemaligen Hausmeister. Mittlerweile ist es gut vier Jahre her. Unser Hausmeister (nennen wir ihn der Einfachheit halber Achim) hat damals schon immer mehr gemacht als er eigentlich hätte machen müssen. Das heißt, er hat auch teilweise in der Produktion ausgeholfen um die Arbeiter mit zu unterstützen, wenn die Termine eng wurden.
Alle waren ihm immer dankbar und meinten auch jedes mal, dass er das nicht machen müsse. Anders unser allseits beliebter Chef.
Für ihn war es irgendwann schon ein Normalzustand, dass Achim bei der Produktion mitmacht. Neben seinen eigentlichen Tätigkeiten, versteht sich, die ja auch nicht liegen bleiben durften.
Dann eines Tages ist Achim leider für längere Zeit krank geworden und war gezwungen, für mehrere Wochen ins Krankenhaus zu gehen. Bis dahin nicht ein Anruf oder Nachricht vom Chef, wie es ihm denn ginge. Anstandshalber halt.
Bei seinem Krankenhausaufenthalt hat sich Achim einen Infekt im Auge zugezogen, was leider erst zu spät erkannt wurde. Er verlor sein eines Auge. Auch dann kein Anruf oder dergleichen vom Chef. Anstandshalber halt.
Was folgte, waren noch mehrere Wochen im Krankenhaus und er war danach noch lange Zeit daheim krank geschrieben. Er musste erst einmal lernen, mit einem Auge zurecht zu kommen. Auch viele Fahrstunden musste er machen um sich an das neue räumliche Sehen zu gewöhnen. Einige von uns haben ihn ab und an besucht, um zu fragen wie es ihm geht und wie er zurechtkommt.
Dann, nach mittlerweile mehreren Monaten, kam dann der Anstandsanruf vom Chef. Achim ging widerstrebend ans Telefon. Niemand hat Bock mit dem Alten zu reden.
Das Gespräch dauerte nur zehn Sekunden. Achim war am Telefon und es kam nur vom Alten: „Hallo Achim. Gedenkst du eigentlich noch irgendwann mal wieder zu kommen? Das Auge ist doch eh schon weg.“ Achim war geschockt und legte einfach auf.
Das nächste und letzte Mal, als Achim und der Chef miteinander redeten, war als die Kündigung ein paar Wochen später eingereicht wurde.
Dies ist nur eine, aber auch echt krasse, von vielen Geschichten über den Alten. Abgesehen von den Kündigungen passiert dafür nicht viel auf Arbeit – es wird gebummelt wo es nur geht, Mehrarbeit wird verweigert, grillen & Bier trinken gehört während der Arbeitszeit dazu, ein Kollege hat eine Weile sogar sein schmutziges Geschirr mit auf Arbeit gebracht und die dortige Spülmaschine genutzt, um Zeit und Geld zu sparen. Auch dieser Text wurde während der Arbeitszeit verfasst.