Lirabelle #11

Cover#11

Editorial

Es heißt, die fast unlösbare Aufgabe bestehe darin, sich weder von der Macht der anderen, noch von der eigenen Ohnmacht dumm machen zu lassen.
Am 1.12. berichtet eine Thüringer Lokalzeitung, dass die Mieten immer teurer werden und ein Mann, der vor der Zwangsräumung stand, von der Polizei erschossen wurde – nachdem er einen Polizisten an der Hand verletzt hatte. Am 16.12. mussten wir in Erfurt ohnmächtig zusehen, wie drei verängstigte Kinder mitten in der Nacht von bewaffneten Beamten aus dem Schlaf gerissen, in ein Polizeifahrzeug verbracht und dann deportiert wurden. Sie waren nur drei von 103, die am diesem Tag nach Serbien abgeschoben wurden. Serbien ist ein sicherer Drittstaat, obwohl Minderheiten dort systematisch von staatlichen Stellen verfolgt werden. Vielleicht besteht die Logik der ganzen Geschichte darin, dass man auch in Deutschland bei mindestens 800 Angriffen auf Geflüchtete und deren Unterkünfte im Jahr 2015 nicht ernsthaft davon sprechen kann, dass Geflüchtete hier sicher sind? Heißt dieses Aufrechnen schon, sich dumm zu machen? Wir hoffen nicht und suchen weiter nach Spuren, die einen Weg in eine bessere Welt gangbar machen können.
Der Infoladen Sabotnik und die Gruppe Pekari diskutieren in dieser Ausgabe darüber, wie man sich gemeinsam in der Position der Ohnmacht schlau machen kann. Mona Alona diskutiert, ob linke Großevents nur Ohnmacht kompensieren oder auch einen tatsächlichen emanzipatorischen Gehalt haben. Und dass die Verhältnisse von Macht und Ohnmacht Wahn gebären, machen nicht nur die Aluhut-Chroniken deutlich. Aber dass Ohnmacht auch Wut hervorruft, zeigt ein neues Zine aus Jena und eine Platte der Punkband Kellerasseln, die wir rezensiert haben.
Daran möchten wir gerne anknüpfen und nehmen uns für 2016 vor, uns weder dumm zu machen, noch uns mit Macht und Ohnmacht abzufinden. Irgendwann müssen ja bessere Zeiten kommen.

  • News
  • Alternative Studieneinführungstage
    In Jena und in Erfurt haben linke Gruppen eine Veranstaltungsreihe zum Semesterbeginn organisiert. Die Lirabelle-Redaktion sprach mit Aktivist_innen von Pekari (Jena) und dem Infoladen Sabotnik (Erfurt).
  • Mitmenschlich
    Während der Druck auf der Straße durch die organisierten Thüringer (Proto-)Faschisten steigt, geht die Thüringer Polizei gegen Antifas vor und die Zivilgesellschaft dreht auf dem Erfurter Domplatz ein Feel-Good-Movie. Von Ox Y. Moron.
  • Vorhang zu
    So, nun ist’s vorbei, das schöne Tischlerinnentreffen – für Leser*Innen, die das Wort das erste Mal hören: wir sind gestandene Handwerksfrauen, egal, ob nun seit Geburt oder später durch eigene Entscheidung zur Frau geworden, die sich seit einem Vierteljahrhundert treffen, um sich über Berufsalltag auszutauschen, sich gegenseitig zu stärken, zu vernetzen, eine gute Zeit zu haben – eine Auswertung der Organisatorinnen.
  • „Teile und herrsche“ – eine bewährte deutsche Tugend
    Wie die kolonialrassistische Praxis des „Teile und Herrsche“-Prinzips sich bis heute in der deutschen Gesellschaft und in den deutschen Behörden durchzieht. Und wie neokoloniale Praktiken unter dem Vorwand des „Helfens“ hier und in anderen Ländern, die von Deutschen bereist werden, jeden Tag umgesetzt werden. Von Lila Unkraut.
  • Bericht von den feministischen Radiotagen in Weimar
    Anna Wegricht hat die ersten feministischen Radiotage mitorganisiert.
  • Großevents – der Linken liebstes Kind
    Mona Alona widmet sich in ihrem Text der Frage nach der Motivation an linken Großevents teilzunehmen, indem sie versucht, ihre eigenen Beweggründen an ausgewählten Aktionen teilzunehmen, zu ergründen.
  • Das neue Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung als Gefahr der Normierung und Lähmung
    Von fast Allen unbemerkt hat im Oktober nach dem Bundestag auch der Bundesrat das neue Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung durchgewunken. Damit müssen Telefonnummern und IP-Adressen, Dauer/Zeit von Telefongesprächen und Internetnutzung, Standortdaten (wann hat sich das Telefon wo wie lange aufgehalten) und wer wem SMS geschrieben hat vier bzw. zehn Wochen lang bei den Telekommunikationsanbietern gespeichert werden; Zugriff durch staatliche Behörden muss garantiert sein. Leony Schröder über die politische und soziale Bedeutung eines Rundum-Überwachungspakets.
  • Anarchismus mit Fußnoten
    Vor Blogsport und Facebook, vor Myspace und Geocities und sogar vor CompuServe und AoL kamen die amtlichen Informationen vom Nachrichtenmann in der Tagesschau und einer überschaubaren Menge von Zeitungen, die das politische Spektrum der im Bundestag vertretenen Parteien abdeckten, dazu die verhasste BILD. Die radikale Linke setzte angesichts dessen auf Gegeninformation. Zeckige Heftchen in kleiner Auflage wurden im Westen über den Kopierer gezogen oder in der Uni-Druckerei gedruckt, im Osten mit Wachsmatritzen hektografiert und unter ungleich schwierigeren Bedingungen hergestellt. Autonome Demos waren behelmt und martialisch und eben eine solche Demo ist auf dem Titelbild des „Anarcho-Infoblatt Jena“ (AIB) abgebildet. Jemand freut sich über ein neues Zeckenheftchen aus Jena.
  • Mittelmeerromantik
    Karl Meyerbeer hat sich eine Schallplatte der Kellerasseln angehört und angesehen.
  • Repressionsschnipsel
  • Die Aluhut-Chroniken VII – Terror unterm Aluhut
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Lirabelle #10

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Editorial

Es ist soweit – ihr haltet die zehnte Ausgabe der Lirabelle in der Hand. Die erste Ausgabe erschien im Juni 2013, das heißt nunmehr können wir auf über zwei Jahre kontinuierliche Arbeit zurückblicken, deren Absicht wir in der ersten Ausgabe umfassten mit den Worten: „Unsere Lirabelle ist ein Zeitungsprojekt, das sich thematisch mit Fragen beschäftigt, die zumindest einen regionalen Bezug aufweisen, inhaltlich aber durchaus auf’s Ganze zielen sollen. Das Projekt ist von und für Menschen gedacht, die sich für praktische Gesellschaftskritik bzw. gesellschaftliche Praxis interessieren – in der gebotenen Breite und Vielfalt.“ Einen Anspruch den wir, so meinen wir, bisher eher mehr als weniger eingelöst haben. So findet sich auch in der zehnten Ausgabe von Allem etwas: Aktuelles, Regionales, aber auch Auseinandersetzung mit Geschichte, Kultur und Vieles mehr.
Eigentlich ein Grund zu Feiern, müsste man meinen. Dass dem aktuell nicht so ist, spiegeln die im Heft vertretenen Artikel auch allzu deutlich wieder. Keine Woche vergeht, in der nicht in irgendeinem Thüringer Kaff irgendwelche Nazis aufmarschieren oder bei diversen Bürgerversammlungen anlässlich der Errichtung einer Flüchtlingsunterkunft der gemeine Bürger seine „Sorgen“ kund tut. Auch in nicht staatlich legitimierten Formen bricht sich der Rassismus Bahn und in Thüringen brennen mittlerweile Flüchtlingsunterkünfte. An der Europäischen Grenze besteht das Massensterben von Menschen auf der Flucht fort und auch in der eigenen Flucht vor dem Alltag ist man nicht selten mit dem konfrontiert, wovor man eigentlich geflohen ist. Unwidersprochen bleibt dem allen nicht, wie die Beiträge und der von uns gewählte Mittelteil verdeutlichen und ihr sicherlich auch aus eigener Erfahrung wisst.
Wer nun glaubt, ein gemütlicher Abend mit lieben Menschen könne zur Reflexion, ein Bier mehr zur temporären Verdrängung beitragen, dem wird spätestens von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung und der Stadt vor den Karren gefahren. Von der ersten zur Mäßigung ermahnt, von zweiterer in der Innenstadt unerwünscht, bleiben oftmals nur eigens geschaffene Rückzugsräume. Doch auch diese sind in Erfurt und anderswo rar gesät. Wir hoffen, ihr habt trotzdem ein nettes Plätzchen gefunden, um die aktuelle Ausgabe der Lirabelle zu lesen.

Mit Grüßen aus der Kackstadt,
die Lirabelle-Redaktion

  • News
  • Rückrunde für THÜGIDA
    Die Sommerpause ist vorbei. Die Aufmärsche gegen die Aufnahme von Geflüchteten in Thüringen gehen weiter und selbst während der Sommerpause waren die Nazis nicht untätig. Ox Y. Moron berichtet über die ersten Aufmärsche, Propaganda & Routinen.
  • Ballstädt, wie geht es weiter?
    Anfang Februar 2014 überfiel eine Gruppe vermummter Neonazis eine Feier im Gemeindesaal von Ballstädt (Landkreis Gotha). Gegen die Neonazis wird vermutlich im Spätherbst dieses Jahres der Prozess vor dem Landgericht Erfurt eröffnet. Der Infoladen Gotha und der Kleingartenverein Tristesse e.V. berichten über die Geschehnisse und geben einen Ausblick darauf, was vom Prozess zu erwarten ist.
  • Endlich wieder stolz
    Ox Y. Moron und Eva Felidae misstrauen der aktuellen Willkommenswelle für Flüchtlinge, in deren Rücken sich schon bereitet, was erstes Anliegen der Helfenden & Jubelnden ist: zu beweisen, dass Deutschland auch helfen kann – meist jedoch sich selbst.
  • Soligruppe 1708: Nach 2 Jahren ein Fazit
    Die Soligruppe 1708 begleitete drei Betroffene, die im Zuge des antifaschistischen Protestes gegen die NPD-Kundgebung am 17. August 2013 in der Erfurter Trommsdorffstraße Strafbefehle erhalten hatten. Die Verfahren sind abgeschlossen – was bleibt?
  • Sexism from the Underground
    Trotz besten Vorsätzen ist es unmöglich dem Sexismus zu enkommen. Ein Bericht vom Rockfestival Stoned from the Unterground von Cora.
  • Sentieri Partigiani – April 2015
    Uwe schildert seine Erfahrungen und Eindrücke, als er auf den Spuren der italienischen Partisan*innen um Reggio Emilia wanderte. Er nahm an einer Bildungsfahrt im April diesen Jahres teil.
  • Wer die Hemmungen fallen lässt und die Kontrolle verliert
    Die Kampagne„Alkohol? Kenn‘ dein Limit“ ist mit einem Budget von acht Millionen Euro jährlich die größte deutsche Kampagne zur Alkoholprävention. Finanziert wird sie vom Verband der Privaten Krankenkassen, umgesetzt von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. Seit 2009 sollen Plakate, Postkarten, Kurzfilme und eine interaktive Webseite Jugendliche überzeugen, sich beim Alkoholkonsum zu mäßigen. Und nicht nur da. Das Bildungskollektiv Biko hat die geschlechts- und klassenspezifischen Anrufungen der Kampagne analysiert.
  • Stadt der Vielfalt – Kackstadt – Stadt der vielfältigen Gründe diese Stadt zu dissen
    Es folgen kleine Episoden und Gedankenschnipsel über Situationen und Gegebenheiten in Erfurt von Bob.
  • „high fives for low lifes“ (Plattenkritiken)
  • Wenn die Nacht am tiefsten ist (Filmkritik)
    Simon Rubaschow findet beim Schauen eines exiliranischen, feministischen Vamprifilms die Hoffnung auf die Möglichkeit der Revolution.
  • Special: *Bullshitbingo*
  • Tapferer kleiner Paule
    Lasse Hirsch darüber, dass die Anderen die Hölle sind, vor allem, wenn man durch Abstammung dazu verdammt ist, sie zu ertragen. Der Text thematisiert familiäre Gewalt und kindliche Ohnmachtserfahrungen.
  • Die Aluhut-Chroniken VI – Die Protokolle der Weisen von Zion
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Lirabelle #9

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Editorial

…diese Ausgabe der Lirabelle erscheint mit Verspätung. Gründe dafür gibt es viele. Jeden Montag Sü- / Thügida, nahezu jedes Wochenende ein Neonaziaufmarsch und verschiedene andere Kampagnen und Projekte, haben uns alle beschäftigt und Kräfte gefressen.
Da kam uns der Streik der Lokomotiven Lenkenden – das Wort „Führer“ kommt uns in den momentanen Zeiten noch schwerer über die Lippen – sehr gelegen und wir solidarisierten uns nicht nur mit der GDL, sondern traten gleich mit in den Streik. Unsere Forderungen wurden leider nicht erfüllt: Rassistische Bürger*innen gibt es immer noch, auch Neonazis tummeln sich in der Erfurter Innenstadt und haben nun noch einen weiteren Raum – die Kneipe „091er“ am Berliner Platz.
Ihr dagegen bestreikt hoffentlich nicht diese Ausgabe, auch wenn wir für das Poster im Mittelteil der Lirabelle #8 um Entschuldigung bitten. Diese findet ihr in dieser Ausgabe, wie auch zwei Leser*innenbriefe, die uns erreichten und das Poster zum Thema machen. Danke dafür!
Eure Reaktionen / Feedbacks sind uns wichtig und wir freuen uns tatsächlich über Kontroverses, solidarische Pöbeleien und auch Lob – wie auch über Texte und Streetart-Beiträge für den Mittelteil. Wir waren auf der Suche nach feministischen / antisexistischen Graffitis in Erfurt, doch blieben leider erfolglos. Mehr „Feminist Take Over“ in Texten, auf der Straße, überall! Auch dazu haben wir in dieser Ausgabe etwas geschrieben.
Zudem beschäftigen wir uns mit Rassismus in Institutionen, antirassistischem Engagement in Eisenberg, der Bezeichnung des 8. Mai als „Tag der Befreiung“; auch die Aluhüte dürfen nicht fehlen.

Wir wünschen euch viel Spaß beim Lesen und einen schönen Sommer!
das Redaktionskollektiv der Lirabelle

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Lirabelle #8

Cover#8

Editorial

Manchmal ist es schön, recht zu behalten. Sagen zu können „Haben wir doch schon immer gesagt“ gibt einem ein Überlegenheitsgefühl, dass angesichts der meist unterlegenen Lage in sozialen Kämfpen eine angenehme Abwechselung darstellt.
Und die unterlegene Lage zu illustrieren, gehört zum guten Ton in der Linken: Als politisch denkender Mensch malt man trotz aller Religionskritik gerne den Teufel an die Wand, um möglichst überzeugend Viele dazu zu bewegen, ihn auszutreiben. So kommt es dann, dass die faschistische Gefahr ausgemalt wird, wenn ein paar verwirrte Hippies und Esoterikerinnen für den Weltfrieden die GEMA abschaffen wollen. Was derzeit in Dresden, Südthüringen, Erfurt und anderswo auf die Straße geht, macht leider deutlich, dass die Mahnerinnen und Warner recht gehabt haben: Irrsinn ist kein Einzelfall, Beispiel Pegada: Freie Energie, eben noch eine Spinnerei einer überschaubaren Internet-Community, ist heute eine der Forderungen einer Massenbewegung. Reptilienmenschen: Gerade hat man gehört, dass es Leute gibt, die denken, dass Reptilien die Gehirne von Menschen übernehmen, da wird man als Gegendemonstrant_in als Reptiliengehirn beschimpft. So gesehen, ist es nicht schön, recht zu behalten: Wir haben‘s schon immer gesagt. Aber offenbar hat es niemanden interessiert. Schade.
Wir machen trotzdem weiter! Wir haben schon immer gesagt, dass Antiamerikanismus und Antisemitismus ein großes Problem sind, dass völkische Mobs an den historischen NS erinnern, dass die soziale Frage wieder thematisiert werden muss, dass man sich mit der ARGE anlegen kann, dass Religion kritisiert gehört, Tauschringe nicht funktionieren und Punkrock rockt. Zumindest das letzte sollte fast 40 Jahre nach »Anarchy in the UK« gesellschaftlich mehrheitsfähig werden. Ob wir uns dann freuen, recht behalten zu haben?

das Redaktionskollektiv der Lirabelle.

Inhalt

  • News
  • Bericht: Hoffen auf das Endspiel
    Am 24. Januar 2015 versammelten sich in Erfurt rund 600 Menschen um gegen eine vermeintliche ‚Amerikanisierung‘ Europas zu demonstrieren. Sie nennen sich PEGADA, Patriotische Europäer gegen die Amerikanisierung des Abendlandes, und ihre Veranstaltung heißt ‚ENDGAME‘, Engagierte Demokraten gegen die Amerikanisierung Europas. Ob sie sich nun ‚patriotisch‘ oder ‚engagiert‘ nennen, ob ‚Europäer‘ oder ‚Demokraten‘, es läuft auf ein und dasselbe hinaus: Es bleibt ein Mob aus Menschen, die sich jenseits jeglicher Faktenlagen bewegen und sich in ihrem eigenen irrationalen Horizont, in ihrer Paranoia gegenseitig bestätigen. Es ist ihnen gelungen, unterschiedliche esoterische Sekten, Verschwörer und Antisemiten aller Couleur an diesem Samstag im Januar zu vereinigen. Fabians Blick auf diese Veranstaltung und ihre Organisatoren macht deutlich, warum dies mittels ENDGAME gelingen konnte.
  • Bericht: Ein Hauch von Sportpalast
    Ox Y. Moron berichtet über das Comeback des rechten Volksmobs in Südthüringen, die Hilflosigkeit der hiesigen Zivilgesellschaft und die Ohnmacht der Antifa.
  • Einschätzung: Rätselraten über Pegida
    L. über die weit verbreitete Unsicherheit darüber, wer Pegida ist und woher diese Bewegung auf einmal kommt.
  • Intervention: Antifa-Offensive 2015
    Christian Winter (Sabotnik), Karl Meyerbeer und L. finden, dass eine breit angelegte Antifa-Offensive genau so notwendig ist, wie eine Thematisierung der sozialen Frage von radikal linker Seite.
  • Selbstermächtigung: Die Meldepflicht
    Yvette gibt einen kurzen Überblick über das beliebteste Sanktions-Instrument der Jobcenter: die Meldepflicht.
  • Begriffsarbeit: Material zur Kritik des Himmels
    Einer längst überfälligen Wiederbelebung* der Religionskritik möchte Simon Rubaschow den Weg bereiten, indem er versucht, zwischen falschem Bewusstsein, Ideologie und Wahn zu differenzieren. Der Autor ist Mitglied im Club Communism.
  • Intervention: Gibst du mir Deins, geb‘ ich Dir meins
    Etwas wegzugeben ohne dafür eine Gegenleistung zu erwarten, ist im Neoliberalismus schon fast ein subversiver Akt. Karl Meyerbeer über den Tausch, die gegenseitige Hilfe und darüber, dass in Erfurt im Durchschnitt alle 1,6 Jahre ein Tauschring auftaucht.
  • Einschätzung: Staatlichkeit und Überwachung
    Ein Versuch der Auseinandersetzung mit dem Überwachungswahn in der Digitalen Sphäre von Dennis.
  • Kultur: Plattenkritiken
  • Die Aluhut-Chroniken IV: Die Striche des Teufels
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Lirabelle #7

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Editorial

Thüringen hat gewählt. Alle fünf Jahre stellen sich auf Länderebene Parteien zur Wahl, die die Sachzwänge verwalten und das Leben in den dafür vorgesehenen Bahnen halten wollen. Die größte Fraktion stellten mal wieder die Nichtwähler mit 47,3 Prozent. Da diese gewöhnlich aber keine Sitze im Landtag zugesprochen bekommt, wird aus den übrigen Kleinparteien dann eine Regierung gebildet. Die, die sich nun anbahnt aus Linke, SPD und Grünen bedeutet für die einen den Untergang des Abendlandes und für andere wiederum den großen sozialen Aufbruch. Warum weder das eine noch das andere ansteht, wusste unser Autor Simon Rubaschow, ohne dass wir ihn dazu befragt hätten. In seiner Rezension zum Film „Die wilde Zeit“ in dieser Ausgabe schreibt er: „Die Revolutionierung der Verhältnisse kann […] nur als Revolutionierung aller gesellschaftlichen Verkehrsformen gelingen, ansonsten schlägt sie in eine konterrevolutionäre Praxis um, die Politik als bloßen Kampf um Herrschaft versteht, sich auf die Organisierung von Hegemonie […] zurückzieht und […] zugunsten von Massenkompatibilität jeden transformatorischen Anspruch aufgibt.“ Weil also neue Inhalte neuer Formen bedürfen und die rot-rot-grünen Parlamentarier_innen sich in den bestehenden ziemlich wohlfühlen, deswegen gibt es ein paar Euro mehr für Anti-Nazi-Projekte, aber keinen Umbruch in der Gesellschaft, die die Nazis erst hervorbringt. Deswegen werden wir uns vielleicht an Aufmärsche wie den vom 9. November gewöhnen müssen, als 800 mit Fackeln bewaffnete Antikommunist*innen aller Lager den Jahrestag der Reichspogromnacht auf dem Domplatz begingen, weil sie um den Fortbestand des besagten Abendlandes oder einfach um ihre Privilegien fürchteten.
Gegen noch üblere Menschenfeinde als die aktuellen deutschen Antikommunist_innen kämpfen derzeit die Kurdinnen und Kurden in Syrien und im Irak. Über diesen Kampf haben wir ein ausführliches Interview mit dem kurdischen Aktivisten Ercan Ayboga geführt. Außerdem findet ihr in der aktuellen Ausgabe eine Auseinandersetzung mit der Erfurter Montagsquerfront, linken Kongressen, trauriger Praxis und vieles mehr. Lasst mal von euch hören!

Eine schöne Zeit der besinnungslosen Besinnlichkeit
– auch Weihnachten genannt –
wünscht
eure Lirabellen-Crew!

Inhalt

  • News
  • Leserbriefe
  • Interview: „Gegen faschistische Kräfte, die nur die Vernichtung wollen, hat man das Recht, sich mit Waffen zu verteidigen“
    Ox Y. Moron und Eva Felidae im Interview mit Ercan Ayboga, einem Mitglied des Kulturverein Mesopotamien. Das Interview wurde am 28.10.14 geführt, es dient weniger der aktuellen Information über den Angriff des IS auf Rojava, als der Schaffung eines allgemeinen Überblicks über den Konflikt und seine Beteiligten.
  • Einschätzung: TTIP – Die Wirtschaftsnato
    Volker Henriette S. bringt ein wenig Licht ins Dunkle der stattfindenden Verhandlungen um TTIP und macht auf Konsequenzen aufmerksam, die bei einem Inkrafttreten des Handelsabkommens folgen werden.
  • Einschätzung: Immer wieder montags – Für Frieden ohne Freiheit
    Totgesagte leben bekanntlich länger, wobei die Vitalfunktionen der neuen Montagsdemonstranten lediglich in physischer Hinsicht einwandfrei vom Autor validiert werden können. Ox Y. Moron über eine stagnierende Bewegung, die keiner gebraucht hätte.
  • Intervention: Vorschläge zu linken Konferenzen
    Ich gehe gerne mit Freund_innen auf linke Kongresse. Mit Faszination beobachte ich, wie die verschiedenen Kegelclubs und Kaninchenzücher_innenvereine der Linken ihre ganz spezifischen Schrullen pflegen. Besonders schön ist es, wenn Leute sich ganz anders verhalten als erwartet, wenn z.B. die vermeintliche Macker-Antifa lecker kocht und ganz entzückend freundlich bei der Essensausgabe ist. Die folgenden Vorschläge zur Kongress-Gestaltung sind bei einem Kongress entstanden, bei dem viele Klischees bedient wurden. Von Pierre Bourdieu (angefragt).
  • Reaktion: Selbstmitleidig, weinerlich, peinlich, irgendwie egal
    Maximilian N. Conrady formuliert in einer Reaktion auf Jens Störfrieds Artikel aus der letzten Lirabelle Zweifel an der Idee, Freude und Lust zum Zentrum der politischen Praxis zu machen. Um den falschen Gegensatz von echtem und bloß oberflächlichen Empfinden zu überwinden, betont sie die Bedeutung des Beschädigtseins in kapitalistischen Verhältnissen. Die Autorin ist Mitglied des Club Communsim.
  • Bericht: Gedanken zu Majdanek
    Im Oktober 2014 findet sich eine Reisegruppe von 30 Menschen zusammen, um gemeinsam an einer Bildungsfahrt nach Lublin, Treblinka und Warschau teilzunehmen. Viele der jungen Menschen sind das erste Mal in Ostpolen. Sie wollen an historischen Orten mehr erfahren über die nationalsozialistische „Aktion Reinhardt“ – vielleicht auch ein wenig verstehen – mit dieser Hoffnung werden wohl viele solcher Bildungsfahrten konzipiert – eingelöst werden, kann sie nicht. Eine Teilnehmerin reflektierte etwa „Je mehr ich erfahre, desto weniger Sinn macht es.“ Auch deshalb ist dieser Bericht ein Sammelsurium an brüchigen, unvollständigen Gedanken zum Besuch Lublins und der Gedenkstätte Majdanek. Von Franziska.
  • Buchrezension: Die Bewegung muss breiter werden!
    Gwen rezensiert ein Buch über die Diktatur der Schlankheit und den Widerstand gegen unbarmherzige Körpernormen.
  • Filmrezension: Die unendeckte Zeit
    Auf der Suche nach einer revolutionären Praxis kuckt sich Simon Rubaschow den Film „Die wilde Zeit“ an.
  • [neu] Repressionsschnipsel
    Diese neue Rubrik fokussiert aktuelles Geschehen in Sachen Repression. Für die Zuarbeiten danken wir den Rote Hilfe Ortsgruppen Erfurt, Weimar und Jena als auch der Soligruppe „Weimar im April“.
  • Die Aluhut-Chroniken III: Es fährt ein Zug nach Nirgendwo
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Lirabelle #6

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Editorial

Die Uni Bielefeld versucht seit den 2000er-Jahren herauszubekommen, warum so viele Deutsche ihre Nachbarn totschlagen. Früher sagte man, das liege am Faschismus und am Rassismus. Aber Faschismus und Rassismus sind hässliche Wörter, sie erinnern an die Geschichte und daran, dass auch der Staat manchmal die besagten Nachbarn schikaniert, herumschubst und abschiebt. Also hat die Uni Bielefeld den Begriff der Gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit erfunden, kurz: GMF. Antirassistische Projekte können damit z.B. Mittel beantragen, ohne von Rassismus zu reden. Politiker_innen können begründen, wieso es Projekte gegen Nazis geben muss, ohne Faschismus in den Mund zu nehmen. Bildlich ausgedrückt könnte man sagen: Mit GMF muss man im Hause des Henkers nicht mehr vom Strick reden und kann trotzdem die Hinrichtung kritisieren. Auch die Lirabelle erhält Fördermittel, um gegen GMF einzutreten.
Seit 2010 fällt die Ablehnung von Langzeitarbeitslosen unter GMF. Wir warten nun gespannt auf die ersten Sitzblockaden vor der ARGE, flankiert von Outings besonders menschenfeindlicher Sachbearbeiter_innen. Auch wird es Zeit, den Aufgabenbereich der Mobilen Beratung und der Opferberatung auf Betroffene von Sanktionen der Ämter auszudehnen oder dafür neue Beratungsteams zu schaffen. Die Lirabelle macht in dieser Richtung den Anfang und druckt in dieser Ausgabe als Teil ihres Engagements gegen GMF einen Vorschlag zum Umgang mit Eingliederungsvereinbarungen.
Die Texte über das Leben der Rroma und Homophobie in der Ukraine haben im engeren Sinne mit GMF zu tun, der Text über Naziaufmärsche und den Volkstrauertag sowieso. Dass eine Gesellschaft dabei zusieht, wie Menschen auf der Straße erfrieren, während Häuser leer stehen, ist natürlich ebenfalls GMF, wie man sich gegen die menschenfeindlichen Verhältnisse am besten organisiert und welche Rolle dabei Utopien spielen, sollte auch passen.
Und wo es nicht passt, sagen wir einfach mal: Im Kern geht es uns darum, alle Verhältnisse umzuwerfen, in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist. Wenn das mal nicht gegen GMF ist!

das Redaktionskollektiv der Lirabelle.

Inhalt

  • News
  • Das Leben der Rroma
    Von der Redaktion angefragt, einen Text über die Situation von Rroma in Thüringen zu schreiben, fielen mir gleich ganz viele Sachen ein, die ein eher düsteres Bild auf die BRD werfen würden. Für mich wäre es logisch gewesen, über die katastrophalen Zustände in der Erfurter Ausländerbehörde, wo die Bediensteten auch nicht mehr als Deutsch können, zu berichten. Oder über die mit Textbausteinen auskommenden Ausreiseaufforderungen, wo verlangt wird, die BRD innerhalb einer Woche zu verlassen. Aber klar ist, dass mein Blick auf die Situation anderer Menschen nur sehr eingegrenzt sein kann. Deshalb hab ich mit drei Rroma aus Erfurt gesprochen. S, A und D möchten anonym bleiben. Vor dem Interview regten sie an, den Titel dieses Beitrages abzuändern. Deswegen geht es in diesem Text um das Leben der Rroma. Ein Beitrag von Davina Bohne.
  • Die Revolution von Rojava und die Selbstverwaltung
    Ercan Ayboga über eine Delegation der Kampagne „Tatort Kurdistan“, die im Mai 2014 selbtverwaltete Gebiete in Nordkurdistan besucht hat.
  • Es wird Herbst im Ignorantenstadl
    Ox Y. Moron wirft einen Blick auf die nächste Auflage eines der größten regelmäßigen Naziaufmärsche in Thüringen. Zum Volkstrauertag am 16. November 2014 jährt sich das „Heldengedenken“ in Friedrichroda zum 12. Mal.
  • Konzept offene Basisgruppe
    Gruppe Pekari über szenige Exklusivität und den eigenen Organisierungsprozess
  • „THIS is Propaganda – Yeah! Yeah! Yeah!“*
    * So lautete die Aufschrift eines selbstironisches Plakats bei einer einer Hausbesetzung am 1. und 2. Juli in Jena, die Jens Störfried im Folgenden illustriert und interpretiert.
  • Neues aus der ARGE – Auf dem Weg zur Selbstermächtigung
    Yvettes letzter Beitrag in der Lirabelle #2 „Auf dem Weg zur Selbstermächtigung“ scheint doch zuweilen Zuspruch gefunden zu haben. Jedenfalls wurde dieser des öfteren zum Gesprächsthema in verschiedenen sozialen Zusammenhängen. Und es wurde gar gemunkelt, dass er als Beispiel für Interventionsstrategien in einem Vortrag an einer mir nicht näher bekannten Berliner Hochschule benutzt wurde. Schließlich wollten einige Leserinnen wissen, wie es weiter ging.
  • Utopien zwischen Freiheit und Ordnung
    Das Biko und Freund_innen im Gespräch über Utopien, politische Perspektiven und die Revolution.
  • „Propaganda der Homosexualität“
    Alexander Amethystow über eine Debatte in der Ukraine – vor und nach Maidan
  • Rezension: „Ich – das sind die andern“
    Eine Rezension über das unsterbliche Kind der Armen von Franziska.
  • There is something in the rain
    Ein Bericht zum Hausfest in Gotha von Thüringen-Punk.
  • Flanieren im Schweinesystem
    Hier spricht Stanley Schmidt. Guten Tag!
  • Aluhut-Chroniken II: König von NeuDeutschland
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Lirabelle #5

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Editorial

Die neuen Montagsdemonstrationen haben uns dazu bewogen, einen mutigen Schritt zu tun. Wir müssen zugeben, dass es nicht die Federal Reserve sondern die Lirabelle ist, die hinter der gefälschten Mondlandung steckt. Man munkelt, der CIA habe 9|11 inszeniert. In Wirklichkeit haben wir das Geld für den Sprengstoff beim Lokalen Aktionsplan beantragt. Und HIV hat sich – auch das muss man endlich mal schreiben dürfen – aus den hygienischen Zuständen in der Mini-Bar unserer Redaktion entwickelt. Das wichtigste Geständnis, zu dem uns die mutige Intervention der neuen Bewegung gebracht hat, ist aber, dass die Presse lügt. Jedes einzelne Wort in der Lirabelle ist gelogen.

Deswegen gibt es auch diesmal keinen Kulturteil, keine wilden ideologiekritischen Pamphlete, keine Kritik der Montagsdemos und der AfD und wir haben auch nicht vor, in Zukunft in jeder Ausgabe eine Verschwörungstheorie vorzustellen. Und zur Lage in der Ukraine wollen wir schon gar nichts sagen.

Und wir wollen auch nicht, dass sich die Leser_innen an der Diskussion beteiligen. Wir wissen nämlich selbst ganz genau, wie die Welt funktioniert und schreiben das alles hier sowieso nur für uns. Jetzt wird es also Zeit, die Lirabelle aus der Hand zu legen und sich individuell der Passivität hinzugeben, denn:
Die Presse lügt!

Das Redaktionskollektiv der Lirabelle.

Inhalt

  • News
  • Leserbrief von Katz Olution vom 17.04.14
  • „Wir wollen in Ruhe und mit euch zusammen in Deutschland ein normales Leben führen.“*
    Wie ein normales Leben inmitten des Bestehenden überhaupt möglich sein kann oder aussieht, darum soll es in diesem Artikel nicht gehen. Stattdessen geht es darum aufmerksam zu machen, auf unsere Genoss*innen der Initiative Roma Thüringen.
    Die Autorin Lulu Roña sprach mit Aktivist*innen der Initiative Roma Thüringen und nahm an verschiedenen Aktionen teil. Sie bleibt damit in einer Stellvertretungsperspektive und außenstehend.
  • Karriere schaffen ohne Waffen
    Ox Y. Moron geht den antimilitaristischen Attitüden und antiemanzipatorischen Vorstellungen einiger Jungpolitiker der Linkspartei nach.
  • „Meine Meinung ist genauso falsch wie eure“
    Beim Erscheinen dieses Artikels sind die „neuen“ Montagdemos wahrscheinlich schon Geschichte, höchstens noch eine Randbemerkung im Kalender des Ordnungsamts. Georg Dorn wagt einen Blick zurück.
  • AfD – Alles Nazis oder was?
    Lisa und Frank schauen sich nach den jüngsten Wahlerfolgen der AfD deren Entstehungshintergründe, Personal und Positionen genauer an.
  • Innenansichten aus dem Rachen der Arbeitsbestie
    Kexer berichtet, wie es um den staatlichen Angriff auf Arbeitslose zehn Jahre nach der Einführung von Hartz IV bestellt ist.
  • Darstellung und Interpretation der Hausbesetzung am 06.12.2013 in der Neugasse 17 in Jena
    von Jens Störfried.
  • „Unsere Solidarität, die könnt ihr haben!”
    Die Josef-Soligruppe aus Jena resümiert die bisherige Entwicklung, um anschließend zentrale Aspekte unserer Solidaritäts- und Antirepressionsarbeit zu hinterfragen.
  • Blutige Geopolitik in Osteuropa
    Ein Thema, das Medien und viele Menschen in den letzten Wochen bewegte, ist der Ukrainekonflikt. Das Töten geht auch nach der Präsidentenwahl weiter. Weshalb die Ukraine solch ein Zankapfel ist, analysiert Volker Henriette Swesda.
  • „DAS PUNK DAS AUS DEM SUMPF KAM“
    Lirabelle trifft Punxboottour: Alles, was Punks wissen müssen, wenn sie auf der PBT dabei sein wollen und es heißt „Erfurt entern!“
  • Plattenkritiken
    Polyvinylchlorid stellt in dieser Ausgabe der Lirabelle drei Platten vor. Eine kurze Selbsteschreibung des Autos Polyvinylchlorid: Aufgrund der politisch-unangepassten und antifaschistischen Meinung der Jugendsubkultur namens „Punk“, wird es hauptsächlich Musikbesprechungen aus diesem Umfeld geben. Als nicht abgeneigter Gesinnungsbruder dieser hallodrigen Zunft, kann ich voller Stolz behaupten, bereits einen 3×2 Meter großen antifaschistischen Schutzwall aus Schallplatten vorweisen zu können (Tendenz wachsend).
  • Im Keller der Ohnmacht
    Was manche Punksongs ihm zu sagen haben, versucht Simon Rubaschow auf den Grund zu gehen.
  • Mit „Freier Energie“ zum Mond und zurück
    „Freie Energie“ wurde 2013 im anarchistischen Heftchen „Zündstoff“ aus Gotha vorgestellt und wird dieser Tage auf Montagsdemos und im Internet beworben. Die Anhänger der „Freien Energie“ wollen eine Maschine bauen, die mehr Energie abgibt, als sie aufnimmt – ein Perpetuum Mobile. Als wäre das nicht schon phantastisch genug, versprechen sie dazu, dass diese Maschine leicht zu bauen und umweltfreundlich zu betreiben sei. Martin Weise über ein pseudowissenschaftliches Konzept und eine missionarische Szene.
  • Die Aluhut-Chroniken I
    Nachdem sich jüngst auch wieder in Thüringen Verschwörungstheorien steigender Popularität erfreuen, präsentieren wir euch in der Lirabelle nun eine neue Rubrik: die Aluhut-Chroniken. Hier wollen wir euch alle drei Monate einen neuen Versuch vorstellen, wie Verschwörungstheoretiker die Welt erklären. Diese Woche wenden wir uns den Reptiloiden zu.
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Lirabelle #4

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Wie eh und je?

Die erste Lirabelle in 2014 ist da – altbekannte Themen werden neu diskutiert, allseits beliebte Feindbilder genauer fokussiert und Liebgewonnenes kritisiert. Um was es sich dabei jeweils handelt, ist wohl variabel.

Zum Thema der anstehenden Wahlen in Thüringen sowie auf europäischer Ebene wird über libertäre Kritik des Parlamentarismus diskutiert. Im Gespräch zu Polizeiwillkür und den dahinter wirkenden Strukturen, berichtet Steffen Dittes u.a. vom Prozess gegen Lothar König und warum es so schwer ist, rechtlich gegen Polizeigewalt vorzugehen. Außerdem geht die Theorie-Praxis-Debatte in eine neue Runde. Simon Rubaschow erkundet das Verhältnis von Wut, Angst und Traurigkeit als Antrieb sowie Grenze des radikalen Denkens und revolutionärer Praxis. Kann ein Stück revolutionärer Praxis vielleicht auch in unserem Umgang mit Sprache stecken? Lulu Roña hinterfragt die Verwobenheit von Macht und Sprache und zeigt die daraus resultierende, gesellschaftlich sich niederschlagende Wirkmächtigkeit in Selbstbezeichnungen und abgrenzenden Zuschreibungen auf. Der von uns erkorene „lustige Rausschmeißer“ beschäftigt sich mit der Frage, warum so viele Linke sich vom staubigen, öffentlich rechtlichen TV-Format „Tatort“ immer noch angezogen fühlen. Entsagung, Ignoranz oder doch der gemütliche Sonntagabend auf der Couch wie die eigenen Eltern und Großeltern?

Und nun zum neuen „Streetart“-Gimmick in der Mitte des Heftes. Als Start in die Reihe haben wir das Tag „riot“ gewählt, da es überall in Erfurt zu finden, aber immer anders ist. Außerdem empfinden wir es als herausfordernde und auch wütende Antwort auf den oft tristen und bedrückenden Alltag in „Kackstadt“ Erfurt. Damit ist eine neue Rubrik eingeleitet, die auf euer Mitwirken setzt. Sendet Fotos von Streetart Kram mit lokalem Wiedererkennungswert ein und gestaltet damit die nächste Lirabelle. Gern könnt ihr eure Auswahl auch kommentieren oder einen kleinen Text beigeben. Wir freuen uns darauf – aber natürlich auch über andere Beiträge, ob in Text- oder sonstiger Form.

Hochachtungsvoll,
Das Redaktionskollektiv der Lirabelle

Inhalt

  • News
  • Das Kreuz mit dem Kreuz
    • 2014 stehen Kommunal- und Landtagswahlen in Thüringen sowie die Wahl eines neuen europäischen Parlaments an. Alle Parteien buhlen um Wählerstimmen, Nazis machen Infostände, Politiker zeigen Gesicht, die Interventionistische Linke reicht der Partei die Hand und die Kampagne „Deine Stimme gegen Nazis“ erklärt den Gang zur Urne gar zur antifaschistischen Bürgerpflicht. Skeptische Stimmen gegenüber parlamentarischer Demokratie sind marginal. Karl Meyerbeer sprach mit Apfel, Birne und Chinakohl über Wahlen – die Namen wurden von der Redaktion geändert.
  • Warum Alice und Bob am Schluss doch wieder Klarnamen haben
    • Alice und Bob kritisieren das Sicherheitsbewusstsein der Facebook-Linken.
  • „Die sind einfach nicht dazu in der Lage, auf eine entspannte Situation entspannt zu reagieren“
    • Steffen Dittes von der Partei „Die Linke“ im Gespräch mit Karl Meyerbeer über Polizeiwillkür und den Zustand des Rechtsstaats.
  • Moralische Überlegenheit am Abgrund – Die Thüringer Zivilgesellschaft im Kampf für Heimat und Gewissen
    • Die Antifa ist so überflüssig und deswegen so gefragt wie nie. Die Zivilgesellschaft, allen voran die Thüringer Bürgerbündnisse gegen Rechts, die sich vorwiegend aus den sozialdemokratischen Parteien und Organisationen rekrutierten, und der Filz aus dessen Umfeld, haben das Hauptkampffeld der Antifa übernommen. Selbst in Käffern wie Kirchheim und Ballstädt, die die örtlichen Gutmenschen1 längst in Wehrdörfer verwandelt haben, braucht es die Antifa nicht mehr um Protest gegen Nazis zu organisieren. Die Schlussfolgerung, die Bürger hätten endlich verstanden und machen jetzt selber, ist naiv. Die Proteste gegen Naziaufmärsche und -zentren sind unter der Regie der Parteikader zu Werbeveranstaltungen für die Gesellschaft verkommen, die die Nazis hervorbringt. Antifaschistische Kritik ist nur noch im Widerspruch gegen diese Farce zu haben. Von Fabian & Ox Y. Moron.
  • Es ist zu spät, um nach Damaskus zu segeln
    • Simon Rubaschow spürt der Bedeutung von Wut, Angst und Traurigkeit für radikales Denken und revolutionäre Praxis nach. Der Autor ist Mitglied im Club Communism.
  • Über den Kampf der Arbeiter*innen der Viomichaniki Metalleftiki (VioMe)
    • Über Arbeitskampf und selbstverwaltete Produktion in Griechenland berichtet Franzie.
  • Thesen zum Stützpunkt
    • Der folgende Beitrag soll eine Reflexion über politische Praxis der radikalen Linken und ihrer Strukturen anstoßen.1 Diese thesenhaften Überlegungen bilden einen ersten Versuch Gedanken zum Thema „Stützpunkt“ auszuformulieren, die auf eine ausstehende Bestimmung des Begriffs zielen. Dabei geht es vor allem um die Auseinandersetzung und Abgrenzung zu Freiraumkonzepten, für ein besseres Verständnis der Möglichkeit und Unmöglichkeit politischer Praxis in den gegenwärtigen Verhältnissen. Von Charlie Pepper. Der Autor ist Mitglied des Club Communism.
  • Sprache und Macht
    • Lulu Roña schreibt über den Zusammenhang von sprachlichem Ausdruck und Machtverhältnissen.
  • Wohnungslose und sozial benachteiligte Menschen als Betroffene rechter Gewalt
    • Jürgen Wollmann von der mobilen Beratung für Opfer rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt in Thüringen (EZRA) schreibt über Gewalt gegen Menschen, die den gesellschaftlichen Verhältnissen nahezu schutzlos gegenüberstehen.
  • Halb-düster-deutsche Sozialkritik
    • Investigativ untersucht K. die Rezeption der ARD-Krimiserie „Tatort“ innerhalb der linken Szene.
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Lirabelle #3

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Fröhliches Scheitern

Runde drei. Ihr haltet hier nun letzte Ausgabe der Lirabelle für dieses Jahr in den Händen. Kuschelig-warm wäre an dieser Stelle ein Resümee über die politisch-organisatorischen Leistungen des vergangenen Jahres, die Mühen der Redaktion und die Lorbeeren verdienten Ruhmes. Doch statt über lebhafte Debatten und erfreuliches Interesse zu schreiben, wollen wir in den Tagen besinnungsloser Besinnlichkeit – auch Weihnachten genannt – ins Gedächtnis rufen, dass auch dieses Projekt Produkt eines Scheiterns ist, dass es seiner nicht bedürfte, wären die Verhältnisse nicht so beschissen wie sie sind, wären an ihnen nicht Generationen von Kämpfenden gescheitert.

Dass die Verhältnisse wirklich so schlimm sind, wie wir unentwegt behaupten, zeigen nicht zuletzt die Entwicklungen der letzten Monate. Nicht anders denn als Zeichen der Verrohung, der Barbarisierung sind Entwicklungen wie in Greiz oder Schneeberg zu begreifen, wo rechte Bürgerinitiativen zusammen mit Nazis gegen die Heime von Geflüchteten mobil machen – Verrohung und Barbarisierung also in einer Gesellschaft, in der Brötchen nicht gebacken werden, weil jemand Hunger hat, sondern weil man sie verkaufen kann.

Im Zeichen des Scheiterns stehen nicht wenige Texte dieser und vergangener Ausgaben. Es geht also nachfolgend etwa um das Scheitern einer Hausbesetzung und der daran Beteiligten, um das Scheitern eines Rappers, in unmenschlichen Verhältnissen ein widerständiges Selbst zu behaupten und um das Scheitern von im weiteren Sinne antifaschistischen Engagements. Ob die Theorie-Praxis-Debatte gescheitert ist, könnt Ihr anhand der dazu vorliegenden Texte selbst entscheiden.

Wie immer freuen wir uns auf Reaktionen und Zuschriften, ebenso über eingesandte Schokolade gegen die herbst- und verhältnisbedingten Depressionen. Die nächste Ausgabe soll im März 2014 erscheinen.

Viel Spaß beim Lesen und fröhliches Scheitern wünscht,
eure Lirabelle-Redaktion.

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Lirabelle #2

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Editorial

Die Lirabelle geht in die zweite Runde! Wir, das Redaktionskollektiv, freuen uns über die Bereitschaft der Leser*innen mit uns und den jeweiligen Autor*innen der Beiträge ins Gespräch zu kommen und bedanken uns für eingegangenes Lob als auch Kritik. Daran anschließend müssen wir feststellen, dass auch diese Ausgabe wieder geprägt ist von recht vorraussetzungsvollen Texten, was ein Stückweit unserem Anspruch widerspricht, viele Menschen zu erreichen und nicht von vornherein durch Sprache auszuschließen. Für uns tut sich an dieser Stelle ein Problem auf, denn völlig zurecht bestehen Autor*innen darauf, dass viele komplexe Zusammenhänge nur sehr schwer einfach darzustellen sind. Wir werden weiter daran arbeiten, die Verständlichkeit der veröffentlichten Texte zu verbessern.

Aber nun zur neuen Ausgabe: Die vormals begonnene Debatte um das Verhältnis von Theorie und Praxis wird in dieser Ausgabe fortgeführt: Ox Y. Moron antwortet in gewohnt polemisch zugespitzter Art auf Peter Gispert – während Simon Rubaschow zum ersten Mal in die Debatte eingreift und sich gegenüber Gispert, Meyerbeer und Lukas positioniert. Die Antifa Arnstadt-Ilmenau schlägt eine ähnliche Richtung ein und setzt zur Verteidigung gegen die Einwände der genannten an. Die Debatte streifend hat uns ein Artikel erreicht, der mit eigener Perspektive auf linke Politik im Generellen blickt: Martin erklärt die Gefahr des Münchhausen-Kunststücks, dem sich die radikale Linke seiner Meinung nach gegenüber sieht und mahnt diese zur Bewegung.

Mit der Frage „Wer war Werner Uhlworm?“ wird im gleichnamigen Beitrag an Arbeiter und Antifaschisten erinnert, die Anfang der 1930er Jahre durch Nationalsozialisten in Erfurt ermordet wurden. Der Beitrag der Projektgruppe Erfurt im NS beim DGB-Bildungswerk Thüringen führt uns mit diesem Stück Bewegungsgeschichte in das ehemalige „Blechbüchsenviertel“ und problematisiert das Thema „Erinnern und Vergessen“ im lokalen Kontext. Im Interview berichtet die Soli-Gruppe „Weimar im April“ von ihrer Arbeit mit Betroffenen von Polizeigewalt in Weimar und von aktuellen Verfahren in diesem Zusammenhang.

Und wie wird es weitergehen? Wir vermissen schmerzlich kulturelle und künstlerische Beiträge (Konzertberichte, Collagen etc.). Neben Musik und Konzerten interessiert ihr euch vielleicht für Literatur? Wie wäre es mit einer Rezension oder einer exklusiven Kurzgeschichte, der wir ein Zuhause in der Lirabelle Nr. 3 bieten könnten? Wir freuen uns auf eure Einsendungen und begrüßen herzlich alle neuen Autor*innen dieser Ausgabe!

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