Lirabelle #13

Liebe Leser*innen,

passend zum Beginn des für dieses Jahr verspäteten Sommers kommt die Sommerausgabe der Lirabelle, nachdem wir Gewitter, Dauerregen und grauen Himmel überstanden haben. Nicht, dass wir etwas gegen nass triefende Deutschlandfähnchen und betröpelt aussehende Leute hätten, die sich als Deutschland verkleiden, doch nichtsdestotrotz fetzt Sonnenschein ohne Gewitter und Unwetter schon auch. So aber bleibt mehr Zeit und Muße für die genüssliche Lektüre der Lirabelle No. 13.
Für diese Ausgabe haben wir uns bemüht mehr kulturelle Beiträge einzufangen, trotz der jämmerlichen Realität. Die Lokalzeitungen der letzten Wochen melden: Rassismus in Thüringen verdoppelt, aktuell sind 441 Nazis weggekommen (meint, sie sind untergetaucht und entziehen sich einem Haftbefehl), zum Tag der Bundeswehr in Erfurt ein großes Familienfest mit Klettern auf Kriegsgerät unter dem schnittigen Motto „Panzer statt Riesenrad“ auf dem Domplatz…
Ach, zum Kotzen. Jedoch bringt es auch nix, jammernd zuhause zu sitzen. Raus auf die Straße bringt dann doch was – nämlich Neues zu Tage: Bodo Ramelow unterstützt ungewollt die AfD, die sich eh immer als Opfer fühlt, und vergleicht antifaschistischen Protest mit Nazi-Methoden. Mehr dazu im Artikel „Querfront gegen die Antifa“. Wer trotzdem noch antifaschistisch bleiben will, sollte sich schon jetzt mit der eigenen Karriereplanung auseinandersetzen, einen passenden Artikel findet ihr in dieser Ausgabe. Im Interview zeigt eine Sozialarbeiterin die Widersprüche und Widrigkeiten des Tätigseins in einer Geflüchtetenunterkunft auf: „Gut organisiert war nur die Registrierung“. Eine Möglichkeit anders zu wirtschaften, können Kollektive sein. Das Interview „Bildet Banden!“ zeigt Perspektiven von Kollektivbetrieben. Weiterhin findet ihr einen Artikel zum Prokrastinieren „Einen Titel hab‘ ich noch nicht.“, zu Essen das „Manifest der Roten Völlerei“, zu Sciencefiction „Ein Raumschiff voll Kritik“ und Thüringenpunk berichtet uns exklusiv über einen Ausflug ins Thüringische Niemandsland und was ihnen in Altenburg begegnete. Das Bild im Mittelteil zeigt eine Transparentaktion anlässliche des 1. Mai 2016 in der Erfurter Raiffeisenstraße. Vielen Dank an Lionel C. Bendtner für die Aufnahme!
In dieser dreizehnten Ausgabe ist einiges anders: Die Aluhut-Chroniken setzen aus, um der drohenden „13“ zu entkommen. Die Rubrik „Mitmachen und Vernetzen“ wird derzeit überarbeitet. Wir hatten die Idee, mit dieser Ausgabe mehr zur Zerstreuung und zum Müßiggang beizutragen. Wie immer freuen wir uns über Rückmeldungen und Artikel, gern auch in Reaktion auf schon Bestehende. Meckert weniger im Stillen, schreibt mehr Beiträge!
Mit diesem elterlichen Appell viel Freude beim Lesen und Anschauen und einen schönen Sommer,

das Redaktionskollektiv der Lirabelle

  • News
  • Querfront gegen die Antifa
    In Thüringen bildete sich in Auseinandersetzung um eine antifaschistische Demonstration eine so nie dagewesene Querfront von „Linken“ und Protofaschisten gegen die Antifa. Der Anführer dieser unheiligen Allianz? Bodo Ramelow. Ein Bericht von Ox Y. Moron.
  • „Gut organisiert war nur die Registrierung“
    Die Lage von Geflüchteten in Gemeinschaftsunterkünften zeigt auf besonders erschreckende Weise die Krise der Reproduktion: Gegessen wird, was vom Amt kommt. Bei Krankheit muss man darauf hoffen, dass ein Arzt im Lager ist. Privatsphäre gibt es keine. Im Lager werden selbst die grundlegendsten menschlichen Bedürfnisse nicht erfüllt und die Menschen darüber hinaus von den Möglichkeiten der Selbstsorge abgeschnitten. Karl Meyerbeer hat für das Thüringer Netzwerk Care-Revolution mit Katrin gesprochen, die als Flüchtlingssozialarbeiterin arbeitet.
  • Zur Lage in Idomeni und an Europas Außengrenzen
    … wurde und wird schon (zu?) viel von allerlei (mir) fremden Medien und Aktivist*innen gesagt, geschrieben, erklärt, kommentiert, bewertet und analysiert. X fehlen die Worte. Daher schickt sie folgende Bild-Nachrichten von den Menschen aus dem inzwischen geräumten Camp von Idomeni.
  • Interview: Bildet Banden!
    Kollektivbetriebe versuchen, innerhalb des kapitalistischen Rahmens anders zu wirtschaften. Die Lirabelle sprach mit Mitgliedern des Baustellenkollektiv Contrust, des sogenannten Bildungskollektivs und des Datenkollektivs darüber, wie das funktionieren kann und an welche Grenzen die Kollektivist@s stoßen.
  • Ein Plädoyer für‘s Rauchen
    Nicht selten müssen sich Raucher für ihr Laster rechtfertigen. Rauchen sei schließlich gesundheitsgefährdend und irrational. Doch genau darin liegt ein widerständiges Moment, meint Dori. Die Autorin raucht gerne, viel, gerne viel und (nicht nur) überall da, wo es noch erlaubt ist.
  • Rezension: Herzl Reloaded
    Jeder & Jede, der oder die sich mit Israel in irgendeiner Form beschäftigt, hat wahrscheinlich seinen Namen schon einmal gehört bzw. gelesen: Theodor Herzl. Das wohl berühmteste politische Manifest zur Gründung Israels, Der Judenstaat, erschien 1896 als Versuch einer modernen Lösung der Judenfrage, wie es im Untertitel auch heißt. Es dauerte indes gut 50 weitere Jahre bis Israel gegründet wurde. Herzl war allerdings nicht genuin Politiker, sondern Literat und so verwundert es nicht, dass sein Roman Altneuland die Vision des Judenstaates versuchte, konkret auszumalen. 2016 ließen Natan Sznaider und Doron Rabinovici nun ihre Reflexion über Herzls vermeintlich verwirklichten Traum beim Jüdischen Verlag im Suhrkamp Verlag herausgeben. Max Unkraut, aktives Mitglied der Sozialistischen Jugend – Die Falken, rezensiert in Folgendem den Titel Herzl reloaded.
  • Testbericht: Engagement und Karriere
    Die außerparlamentarische Linke ist einer der führenden Anbieter zeitgemäß präsentierter Inhalte mit Standorten in mehr als 74 Ländern. Als Vorbereitung für das Berufsleben bietet sie attraktive Möglichkeiten, Kontakte zu knüpfen und wichtige Kompetenzen zu erlernen. Der Rat, sich für Karrierezwecke z.B. beim Flüchtlingsrat zu engagieren (Lirabelle 12), ist insofern richtig. Aber Engagement muss wohlüberlegt sein. Wer sich zu früh festlegt, landet schnell auf einer mittelmäßig entlohnten und zudem unsicheren Projektstelle. Außerdem bieten auch die Autonomen, die Antifa oder der marxistische Lesekreis Karrierechancen. Gerade eine Kombination verschiedener Tätigkeiten kann zu einem exzellentes Sprungbrett werden. Um bei der Auswahl zu helfen, berichtet Lasse Hirsch von einem Kamingespräch mit der Personalabteilung der Radikalen Linken.
  • Prokrastinieren: Einen Titel hab‘ ich noch nicht
    Sicherlich haben viele Unentschlossene bereits einmal mit dem Gedanken gespielt, einen Text in der Lirabelle oder etwaigen anderen Publikationen zu veröffentlichen und sich letztlich doch dagegen entschieden, weil man sich das nicht zutraut, nicht weiß, worüber man schreiben soll oder schlichtweg gerade keine Zeit dafür hat. Doch auch wenn man ein Thema, den nötigen Mut und ein bisschen Zeit hat, fällt der Anfang oft schwer. T.b.a. zeigt aus eigener Perspektive, wie das aussehen kann.
  • Ein Raumschiff voller Kritik
    Science Fiction zeigt die Welt, so wie sie sein könnte. Oder? Pascal Späth und Karl Meyerbeer über ein Genre, das als Kleine-Jungs-Traum von heldenhaften Heldenmännern, glitzernden Superraumschiffen und bösartigen außerirdischen Monstern begann.
  • Manifest der Roten Völlerei
    Einmal im Monat findet im [kany], dem Ladenlokal der Falken Erfurt, die Rote Völlerei statt. Was sich dahinter verbirgt, könnt ihr im Folgenden nachlesen. Außerdem gibt es einen kurzen Einblick in die Speisekarte mit einem Rezept unter dem Motto Sommer, Sozalismus, Schweinebauchbraten.
  • Punk in der Thüringer Provinz – Teil 1: Altenburg und Rote Zora
    Auf dem Weg durch die Thüringer Provinz machen die Leute von Thüringenpunk Beobachtungen und Erfahrungen, die sie für die Leser*innenschaft der Lirabelle erstmalig zugänglich machen. Ihr findet hier eine gekürzte Version des Berichts über Altenburg und die Rote Zora. Punk in der Thüringer Provinz – Teil 1.
Dieser Beitrag wurde in Ausgaben veröffentlicht. Ein Lesezeichen auf das Permalink. setzen. Sowohl Kommentare als auch Trackbacks sind geschlossen.